Nachhaltigkeit im Netz: Grüne Internetdienste denken an die Umwelt

Bäume pflanzen oder ausschließlich Ökostrom nutzen – mit solchen Versprechen werben Suchmaschinen oder Mailanbieter um umweltbewusste Kunden.

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Nachhaltigkeit im Netz: Grüne Internetdienste denken an die Umwelt

(Bild: Greenpeace)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Julia Ruhnau
  • dpa
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Wer bei Ecosia einen Suchbegriff ins Eingabefeld tippt, lässt Bäume in Äthiopien wachsen. Zumindest, wenn man der Eigenwerbung des Anbieters glaubt. Ecosia hat demnach bereits über 65 Millionen Bäume gepflanzt beziehungsweise entsprechende Projekte rund um den Globus mit Einnahmeüberschüssen finanziert. Die grüne Google-Alternative ist nicht der einzige Anbieter im Netz, der mit einem nachhaltigen Image um Kunden buhlt.

Die Mailservices Posteo und mailbox.org werben mit Ökostrom, mailbox.org-Mitarbeiter nutzen laut Website beruflich Bahn oder Car-Sharing. Wer beim Webhoster Biohost eine Domain kauft, unterstützt eine ganze Palette nachhaltiger Ansätze: Das Equipment wird durch Außenluft direkt gekühlt, das Unternehmen spendet ausgemusterten Servern einen zweiten Lebenszyklus und der Chef kocht zu Mittag mit Zutaten aus dem Bio-Laden. Geschickte Marketingstrategie – oder tatsächlich ein Gewinn für die Umwelt?

Solche Unternehmen seien ein Beispiel dafür, dass "umweltschonende Konzepte marktfähig sind", sagt Marina Köhn vom Umweltbundesamt (UBA). Sie begrüße solche Aktivitäten und hoffe auf Nachahmer.

Auch Greenpeace schätzt die Strategien grüner Internetdienste als sinnvoll ein. Die Umweltorganisation bietet Verbrauchern abseits des Nischenmarktes außerdem einen Überblick, welche Internetunternehmen die größten Umweltsünder sind: Im Clicking Clean Report bewertet Greenpeace die Unternehmen nach Strommix, Energieeffizienz und Transparenz.

Streamingdienste haben es schwer, sich einen grünen Anstrich zu geben: Sie sind die größten Stromfresser im Netz. "Wir wissen, dass das Ansehen von Filmen über Videostreaming, Youtube und ähnliche Videoplattformen für etwa 70 bis 80 Prozent des gesamten Datenverkehrs verantwortlich ist", rechnet Köhn vor. Für die Bereitstellung dieser Dienste werde sehr viel Technik benötigt, die rund um die Uhr Energie verbrauche.

Der globale Verbrauch aller Rechenzentren wurde laut einer UBA-Studie 2014 auf weit über 300 TWh pro Jahr geschätzt und steigt ständig. Dies entspricht laut Bundeswirtschaftsministerium in etwa der Hälfte des Inlandstromverbrauchs in Deutschland im Jahr 2016. Was also tun, wenn man beim Surfen der Umwelt einen Gefallen tun will? Helfen können unter anderem Label, die auf Ökostrom, also auf nachhaltige Stromerzeugung hinweisen. In Deutschland gibt es knapp 20 davon.

"Alle Label dieser Art verlangen, dass wirklich 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien oder vergleichbaren CO2-neutralen Quellen, wie etwa Gas aus Mülldeponien, erzeugt wird", sagt Roman Bansen vom Branchenverband Bitkom. Mehr Nachfrage nach Ökostrom führe letztlich zu mehr Zubau erneuerbarer Energien und damit zu einer schnelleren Energiewende. Grüne Internetanbieter, E-Mail-Dienstleister, Hoster oder Suchmaschinen sind zum Beispiel am Ökostrom-Label "Grüner Strom" oder "ok-Power" zu erkennen.

Außerdem gibt es das Label "The Gold Standard" für einige Dienste, die mit Ausgleichszahlungen ihren Treibhausgasausstoß kompensieren. Das hat laut Bansen aber eine deutlich geringere positive ökologische Wirkung. "Die Hauptbelastung liegt beim Stromverbrauch", ergänzt Elke Mohrbach vom Umweltbundesamt. Einsparungen seien daher höher einzuschätzen als die Verwendung von Ökostrom. Stichwort: Energieeffizienz. Auch hierfür gibt es ein Label, den "Blauen Engel".

Das Problem: Wenn Unternehmen nicht offensiv damit werben, ist für Verbraucher kaum nachzuvollziehen, wo der Strom herkommt – genauso wenig, inwiefern Nachhaltigkeitsversprechen auch tatsächlich eingelöst werden. Die Experten sind sich aber einig, dass die Verlässlichkeit solcher Werbeversprechen grundsätzlich hoch einzuschätzen ist. "Das Thema Nachhaltigkeit wird bei den Anbietern von Internet-Diensten zunehmend wichtiger und kommt durchaus auch als Verkaufsinstrument zum Einsatz", weiß Bansen.

Laut Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl ist außerdem davon auszugehen, dass die Betreiber rein aus ökonomischen Gründen ein Interesse an sparsamem Stromverbrauch haben. Vorneweg beim Sparen geht übrigens der Bund: Im Rahmen der Green-IT-Initiative wurde der durch Bundesbehörden verursachte Energieverbrauch zwischen 2008 und 2016 um 297 Gigawattstunden gesenkt – und damit um mehr als 40 Prozent.

Und auch die User können etwas tun: Zum Beispiel nicht alle paar Minuten das Smartphone nach Nachrichten checken. Denn die häufigen Aktualisierungen verursachen Datenverkehr im Internet und Leistung im Rechenzentrum. Genauso wie das Teilen von Fotos oder Videos. (anw)