Meditieren mit Muse

Ein Stirnband misst Hirnströme und Herzfrequenz seines Trägers und soll beim Entspannen helfen. Werde ich mit dem Gadget zur buddhistischen Nonne?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Meditieren mit Muse

(Bild: InteraXon)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Anna Hoffmann

Das kanadische Unternehmen Intera­Xon will die Meditation technisieren – mit einem Kunststoff-Stirnband namens Muse. Drei eingebaute Stirnsensoren messen die Frequenz meiner Hirnströme; zwei Sensoren an den gummierten Bügeln den Puls.

Die dazugehörige App lässt sich wie üblich einrichten: neues Konto erstellen oder mit vorhandenem Google-Konto synchronisieren. Mit meinen Daten will das Unternehmen sein Produkt "optimieren". Muss ich so wohl schlucken.

Das Stirnband verbindet sich via Bluetooth mit meinem Smartphone. Ein fünfminütiges Tutorial zur Funktionsweise ist optional. Ich sehe es mir dennoch an, bin aber von der abgehackten Erzählstimme schnell genervt und damit reif für meine ­erste Entspannungseinheit.

Als ich das Band anlege, spüre ich einen Druck auf Stirn und Ohren – unkomfortabel für mich als Brillenträgerin. Die "Herz"-Meditation mit dem Namen "Heiltrommel" soll mich an ein Lagerfeuer in der Wildnis versetzen. Aus meinen Kopfhörern erklingen Feuerknistern, Tierlaute und Gesänge, die vom rhythmischen Schlag einer Trommel begleitet werden. In der Einführung wurde mir erklärt, dass der Rhythmus meinem Herzschlag entspricht. Als ich mich auf meinem Stuhl bewege, wird mein Puls schneller – und tatsächlich beschleunigt sich auch der Trommelrhythmus. Dann habe ich eine bequeme Haltung gefunden und schließe die Augen. Fünf Minuten vergehen schneller als gedacht.

Nach der Übung erhalte ich meine Herzfrequenz als ein Diagramm: Es fängt mit einem Puls von 80 an, der dann auf 70 absinkt. Die Daten lassen sich in der App speichern und an andere Apps wie Apple Health übertragen. Auch die ersten Punkte für Meditationsminuten und eine sinkende Herzfrequenz werden meinem Konto gutgeschrieben.

Darüber hinaus stehen in der App weitere Meditationsgenres bereit, zum Beispiel "Körper", "Atem" oder "Gedanken". Ein Feedback wie bei der Trommel gibt es dabei allerdings nicht – lediglich ein Diagramm.

Mit einem Timer kann ich Hintergrundgeräusche für eine bestimmte Zeit einspielen lassen – allerdings ohne irgendeine Form der Interaktion oder des Feedbacks. Fünf Minuten verbringe ich so am Strand. Das erste von der App vorgegebene Wochenziel von zehn Minuten Meditation wird damit erfüllt. Leider ist dies der einzige Ansporn, denn die Punkte dienen nur der Visualisierung. Abwechslung bieten allein die geführten Meditationen. Dort stellt der Anbieter regelmäßig neue Kurse zu "Arbeit" oder "Selbstvertrauen" ein.

Muse ist der naive Versuch, einen Ausgleich für Dauergestresste zu schaffen oder Anfänger an Meditationen heranzuführen. In der Praxis konzentriere ich mich aber mehr auf das unkomfortable Stirnband oder die nervtötende Stimme der Anleiterin. Mir wird bewusst, wie leicht ich tatsächlich zur Ruhe kommen kann. Einen Spaziergang im Abendlicht ohne technische Hilfsmittel ziehe ich jedenfalls der technisierten Medita­tion vor.

Produkt: Muse 2
Hersteller: InteraXon
Preis: 269,99 Euro

(bsc)