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Bio-Implantat von der Sparda-Bank: Bei Baufinanzierung zwei NFC-Chips gratis

Wer seinen Hausbau bei der Sparda-Bank Berlin finanziert, bekommt obendrein fürs kontaktlose Öffnen der Haustür einen NFC-Chip in die Hand gepflanzt.

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Bio-Implantat von der Sparda-Bank – bei Baufinanzierung zwei NFC-Chips gratis

(Bild: Sparda-Bank Berlin (Screenshot aus Video))

Lesezeit: 4 Min.
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Sie verfügen über wenig Eigenkapital, wollen aber unbedingt ein Haus in Berlin oder den neuen Bundesländern bauen und sind für die neuesten Trends des Bio-Hackings aufgeschlossen? Dann sollten Sie sich rasch an die Sparda-Bank Berlin wenden, denn die implantiert Ihnen nur noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres bei Abschluss einer Baufinanzierung (die nämlich "unter die Haut geht") einen NFC-Chip als Gratisdreingabe in Ihre Hand. Damit können Sie und auf Wunsch noch eine weitere Person die Haustür des neuen Eigenheims schlüssellos und nur mit einer Handbewegung öffnen – "Hand drauf". Damit folgen laut Sparda-Werbung neue Bauherren der Bank "in die Zukunft".

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Die Bank wirbt für ihr Angebot damit, dass das Aufschließen der Wohnungstür über einen NFC-fähigen Schließzylinder nur mit der Hand zwar "nach Zukunftsvision klingt", aber durch die NFC-Funktechnik möglich ist. Das Implantat sei lediglich so groß wie ein Reiskorn. Vorteile: kann man nicht verlieren, kann nicht gestohlen werden, ist sicherer als ein Fingerabdrucksensor, muss nicht aufgeladen werden und ist nicht auf das Smartphone angewiesen.

Die Vorteile sind kaum zu bestreiten. Ein passiv sendender NFC-Chip in einer Bioglaskapsel zwischen Daumen und Zeigefinger, mit dem man etwa eine Tür öffnet (oder eine Person identifiziert oder den Kaffee in der Kantine bezahlt) ist allerdings keineswegs neu. Ein Unternehmen in den USA hat das bereits 2017 bei seinen Mitarbeitern praktiziert – bei freiwilliger Teilnahme.

Solche passiven NFC-Chips senden ihre Information, sobald sich ein NFC-Lesegerät (wozu auch moderne Smartphones gehören) in ihrer Nähe befindet. Das müssen schon einige Zentimeter sein, im Fall der Sparda-Bank sollen es lediglich zwischen 1 mm und 4 mm sein. In der Öffentlichkeit lassen sich solche Daten dennoch theoretisch unbemerkt aus einem NFC-Chip auslesen, so etwa bei entsprechenden Kreditkarten mit einem 29-Euro-Bezahlterminal zwecks drahtloser 'Schnellkasse' bis 25 Euro Zahlbetrag.

Letzteres betrifft die kontaktlosen Bezahlkarten übrigens auch durch Jeansstoff und Lederetuis hindurch, wogegen wiederum gewisse NFC-Verhüterli helfen können – beim Chip in der Hand aber nicht. Wer sich zum Hausbesitzer-Cyborg aufrüsten lassen will, sollte zudem wissen, dass eine kleine Narbe sowie eine kleine Delle über dem Chip bleiben werden.

Last but not least: Neuen, smarten Türöffnungstechnologien gegenüber ist eine gesunde Portion Skepsis nicht ganz unangebracht, da sie in Einzelfällen den falschen Leuten buchstäblich Tür und Tor öffnen könnten – auch wenn es da freilich um andere technische Konzepte mit Internetanbindung, Smartphone-App und Kamera geht. Den Fall der Insolvenz des Türöffner-Anbieters erwähnen die FAQ bei der Sparda-Bank übrigens nicht, doch immerhin zur Beruhigung: bei einem Umzug muss man das Implantat nicht entfernen, sondern nimmt einfach das Türschloss mit.

Die Hauptsache an dieser neuen Baufinanzierung, die "unter die Haut geht", zeigt ohnehin der Videospot dazu: Da lästern die Nachbarn in der Neubausiedlung (piefige Drag-Queens, die in Berlin anscheinend die neuen Normal-Spießer sind) über die junge Bewohnerin gegenüber, denn die hat womöglich bei sich "was machen lassen" – aber mit so einem Bio-Implantat ist man wirklich mal "anders" und lässt die ätzenden Nachbarn verstummen, weil man die Haustür mit einer hippen Handbewegung öffnet.

(tiw)