heise online-Chat: Geräteabgaben trotz Kopierverbot?

Die Verwertungsgesellschaften wollen von den Computer-Herstellern eine Urheberrechtsabgabe erheben. Das Kopieren der Daten, für die kassiert wird, soll aber nicht gestattet werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 135 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Mühlbauer

Mit Hilfe von Computern lassen sich nicht nur Daten, sondern auch Musik, Film, Texte und Bilder kopieren. Aus diesem Grund fordern die Verwertungsgesellschaften derzeit pauschale Gebühren auf Computer-Komponenten. Damit sollen Künstler für massenhaftes privates Kopieren entschädigt werden. Laut Industrieverband BITKOM wird allein die Abgabe an die Verwertungsgesellschaft GEMA, über die derzeit verhandelt wird, Computer in Deutschland um bis zu 190 Mark verteuern.

Dabei wird die von den Verwertungsgesellschaften geforderte Abgabe von diesen möglicherweise weniger als Urheberrechtsausgleich denn als Subventionssteuer verwendet. Es sind nämlich nicht die Künstler, deren Werke häufig kopiert werden, die von diesen Gebühren profitieren. Nutznießer der Abgaben sind etwa bei der GEMA in erster Linie die fünf großen Medienkonzerne, denen die meisten Musikverlage gehören, sowie die Verwertungsbürokratien selbst. Auch die Verwertungsgesellschaft für Film- und Fernsehproduzenten (VFF) will ihre Einnahmen mittels eines Schlüssels aus Senderreichweite und Sendezeit verteilen. Damit würde jeder, der einen Computer kauft, Talkshows, Daily Soaps und Quizsendungen und sogar Werbespots, deren Urheberrechte er angeblich verletzt, mitfinanzieren.

Eine Telepolis-Stichprobe vom Mai dieses Jahres ergab, dass der Großteil der über Computer kopierten Dateien nicht aus vom Radio aufgenommenen Top-40-Material und erfolgreichen deutschen Fernsehproduktionen besteht, wie es die Verwertungsgesellschaften für ihre Zuteilungsschlüssel zugrunde legen. Die Ergebnisse bestätigten vielmehr die Vermutung vieler Experten, dass digitale Kopien eher Kulturprodukte abseits der Spektakel der Medienkonzerne fördern.

Die Einführung von solchen Geräteabgaben, wie sie nach dem gerichtlichen Sieg der Verwertungsgesellschaften im Juli unvermeidlich scheinen, "entschädigen" beziehungsweise subventionieren nicht nur die Falschen, sie wirken auch um so bizarrer, als die Musikindustrie gleichzeitig ankündigt, endgültig einen Kopierschutz, der ein Abspielen von Musik-CDs in Computerlaufwerken nicht mehr ermöglicht, flächendeckend einzusetzen. Zudem droht die Umsetzung der Europäischen Richtlinie zum Urheberrecht auch das private Kopieren von mit Kopierschutz ausgestatteten Werken (was erwartungsgemäß genau jene Radiohits der großen Plattenfirmen sein werden) unter Strafe zu stellen. Wollen sich die Verwertungsgesellschaften kurz vor dem Verbot der privaten Digitalkopie noch eine Einnahme sichern, deren Grundlage bald wegfallen wird?

Wir werden im Online-Chat zusammen mit dem "Internet-Abgeordneten" der SPD, Jörg Tauss, mit Dr. Mathias Lejeune aus der Rechtsabteilung von Fujitsu Siemens Computers und mit dem Telepolis-Autor Peter Mühlbauer der Frage nachgehen, ob Geräteabgaben kommen werden, wem sie nützen, wie sie sich auf die Umsetzung der Europäischen Urheberrechtslinie auswirken werden und wie sich eine pauschale Vergütung für Digiatalkopien gerecht verteilen lassen könnte.

Die Veranstaltung findet an diesem Freitag, den 17. 8., von 15 bis 16 Uhr statt. Der Chat-Raum wird bereits um 14 Uhr geöffnet. Zu dieser Zeit werden auf der [ Homepage] und auf den Chat-Seiten Links eingeblendet, die direkt in den Chat-Raum führen. (Peter Mühlbauer) / (mw)