Roboter-Konferenz Humanoids: Wozu brauchen wir menschenähnliche Roboter?

Humanoide Roboter können komplexe Aufgaben übernehmen, die normalerweise Menschen erledigen. In der Praxis gibt es aber noch Stolperfallen.

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Roboter-Konferenz Humanoids: Wozu brauchen wir menschenähnliche Roboter?

Der humanoide Roboter HRP-5P von AIST bei der Montage von Rigipsplatten.

(Bild: TechAcute (Screenshot))

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Humanoide, also menschenähnliche Roboter sind so etwas wie das Idealbild des Roboters schlechthin. Insbesondere außerhalb der Gemeinschaft der Ingenieure und Informatiker dürften beim Begriff "Roboter" viele nicht zuerst an mechanische Arme denken, die Pralinen in Schachteln sortieren oder Autokarosserien montieren, auch nicht Raupenfahrzeuge, die Sprengfallen entschärfen oder unbemannte Flugzeuge, die Hochzeitsgesellschaften bombardieren. Nein, das Bild, das sich zunächst aufdrängt, ist das einer Maschine, die auf zwei Beinen läuft, sowie einen Rumpf mit zwei Armen und einem Kopf hat. Solche humanoiden Roboter werden tatsächlich seit gut 20 Jahren von immer mehr Unternehmen und Forschungsinstituten gebaut und bei der Eröffnung von Industriemessen gerne als Fotomotive mit prominenten Politikern genutzt. Darüber hinaus scheint mit den Robotern allerdings bislang wenig anzufangen zu sein.

Woran das liegt und wie dem abzuhelfen sein könnte, wollte ein Workshop im Rahmen der Konferenz Humanoids in Toronto jetzt herausfinden. Es gehe nicht um einen "wissenschaftlichen" Workshop, bei dem die neuesten Algorithmen vorgestellt würden, sagte Co-Organisator Abderrahmane Kheddar von der französischen Forschungsorganisation Centre national de la recherche scientifique (CNRS). Das Ziel sei vielmehr, Erfahrungen aus der Arbeit mit humanoiden Robotern auszutauschen, um die Schwachstellen, die eine breitere Nutzung verhindern, genauer zu benennen und vielversprechende Anwendungsfelder zu identifizieren. Kheddar selbst berichtete von dem Projekt Comanoid, das in Zusammenarbeit mit Airbus den Einsatz von Robotern im Flugzeugbau erforscht hat. Dabei hätten die Vertreter von Airbus humanoiden Robotern zunächst ablehnend gegenübergestanden, ihre Meinung nach einem Jahr aber geändert. Es hatte sich gezeigt, dass Probleme mit der Stabilität bei Vierbeinern oder rollenden Plattformen ebenso auftraten wie bei Zweibeinern.

Der Flugzeugbau sei bislang erstaunlich wenig automatisiert, sagte Kheddar. Anders als bei den seit Langem etablierten Roboterarmen, die in einer Fabrikhalle Produkte zusammenbauten, sei bei der Herstellung von Flugzeugen die Umgebung selbst das Produkt. Der Rohbau eines Flugzeugs mit seinen zahlreichen Stolperfallen stelle an die Mobilität zudem extrem hohe Anforderungen. Ein Vorteil bestehe immerhin darin, dass die Umgebung dank vorliegender CAD-Daten bekannt sei.

Gleichwohl müsse ein humanoider Roboter nicht nur sicher laufen können. Die Bewegungsplanung und -kontrolle müsse vielmehr den gesamten Körper erfassen, da der Roboter auch mit den Armen die Umgebung berührt und manipuliert. Eine besondere Herausforderung bestehe etwa darin, die Kräfte zu kalkulieren, wenn er sich mit einem Arm abstützt, um mit dem anderen eine Schraube festzuziehen.

Kheddar zeigte beeindruckende Videoaufnahmen von Versuchen mit den Robotern TORO und HRP-4, in denen unter anderem zu sehen war, wie ein Roboter in ein Loch im Boden klettert, Schrauben anzieht und wieder hinaus steigt. Bei der Arbeit mit dem Schraubenschlüssel war deutlich zu erkennen, wie die Bewegungen immer schneller wurden: Der Roboter konnte die erforderliche Kraft in Echtzeit an die verwendeten Arbeitsgeräte anpassen.

Leider sind die Videos von Airbus nicht zur Veröffentlichung freigegeben – was auf ein Problem bei der von Kheddar geforderten engeren Zusammenarbeit von akademischer Forschung und Industrie verweist: Die einen brauchen den offenen und ungehinderten Austausch von Ideen, die anderen wollen ihr Know-How schützen.