Libanon: Heftige Proteste verhindern Steuer auf WhatsApp-Anrufe

Die Regierung des hochverschuldeten Libanon wollte eine Steuer auf VoIP-Anrufe wie in WhatsApp einführen. Der Widerstand kam prompt und war zu groß.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Libanon: Heftige Proteste verhindern Steuer auf WhatsApp-Anrufe

(Bild: BigTunaOnline / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Nach den größten Demonstrationen seit Jahren hat die Regierung des Libanon in der Nacht Pläne für eine Besteuerung von WhatsApp-Anrufen fallengelassen – nur Stunden nachdem diese angekündigt worden waren. Telekommunikationsminister Mohamed Choucair verkündete die Kehrtwende, die Premierminister Saad Hariri verfügt habe, berichtet die lokale Zeitung The Daily Star. Erst am Donnerstag war angekündigt worden, dass die Regierung versuchen wollte, 0,20 US-Dollar pro Tag für die Nutzung von VoIP-Diensten wie die beliebten WhatsApp-Anrufe einzutreiben. Wer solche täglich nutzt, hätte eine um 6 US-Dollar teurere monatliche Mobilfunkrechnung bekommen.

Nach der Ankündigung der Steuerpläne waren in der Nacht zum Donnerstag Tausende in dem Land am Mittelmeer auf die Straßen gegangen. Mit Feuern wurden Straßen blockiert und in der Hauptstadt Beirut kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei, berichtet The Daily Star. Dutzende Menschen auf beiden Seiten seien verletzt worden. Auch wenn die geplante Besteuerung von VoIP-Anrufen rasch als Auslöser ausgemacht worden war, erklärten Demonstranten, dass sie nicht allein deshalb auf den Straßen seien: Die Deutsche Welle zitiert Teilnehmer, die einen politischen Wandel verlangten und wegen "Benzin, Essen, Brot und allem" protestierten oder "Jobs, Grundrechte, Elektrizität und bessere Bildung" verlangten.

Al Jazeera erklärt, dass die massivsten Proteste seit Jahren vor dem Hintergrund einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage und einer Finanzkrise in dem Land zu sehen seien. Die Steuerpläne seien nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, erklärte demnach ein Demonstrant. Das Land hatte zuvor einen "Wirtschaftsnotstand" verkündet und auch andere unpopuläre Steuererhöhungen angekündigt. Durch die Besteuerung von VoIP-Anrufen wollte das Land rund 250 Millionen US-Dollar jährlich einnehmen.

Die Idee einer Besteuerung von Apps wie WhatsApp ist nicht neu, auch wenn die libanesische Regierung eine neue Herangehensweise geplant hatte. Im Sommer 2018 hatte Uganda eine neue Steuer für die Nutzung sozialer Medien über Mobiltelefone eingeführt. Wer dort übers Handy Anwendungen wie Facebook, WhatsApp, Twitter, Instagram oder Skype nutzen will, muss vorher pro Tag eine kleine Gebühr zahlen. Die erhofften Einnahmen für den Staatshaushalt hat das aber nicht gebracht, berichtete die Deutsche Welle: Viele Ugander benutzen VPN-Dienste, um die Steuer zu boykottieren. Der Telekommunikationsaufsicht zufolge ist die Zahl der Internetnutzer um 30 Prozent gesunken und die Einnahmen aus der Steuer belaufen sich auf nur rund 17 Prozent des geplanten Betrags. (mho)