Vor 20 Jahren: Mac OS 9 leitet das lange Ende von "Classic Mac OS" ein

Als Zwischenschritt zu Mac OS X brachte Apple Mac OS 9 auf den Markt. Es hielt sich so beharrlich, dass Steve Jobs es Jahre später symbolisch zu Grabe trug.

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Vor 20 Jahren: Mac OS 9 leitet das lange Ende von "Classic Mac OS" ein

(Bild: GUIdebook)

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Von
  • Leo Becker

Um Zeit für die Fertigstellung von Mac OS X zu gewinnen, brachte Apple vor 20 Jahren noch ein großes Update für "Classic Mac OS" auf den Markt. Mac OS 9 kam am 23. Oktober 1999 für 229 D-Mark in den Handel. Mit Mehrbenutzerunterstützung und einer integrierten Software-Aktualisierung nahm das Update bereits Neuerungen des Nachfolgers vorweg – wobei dem klassischen Mac OS weiterhin Speicherschutz, präemptives Multitasking und Multithreading fehlten.

Mit der integrierten Suchmaschine Sherlock 2 stelle Mac OS 9 das "beste Internet-Betriebssystem aller Zeiten" dar, sagte Jobs bei der Vorstellung, wie der heutige Mac & i-Chefredakteur Stephan Ehrmann im Oktober 1999 auf heise online schrieb. "Statt mit einem Browser sollen Mac-Anwender künftig interessante Web-Seiten, EMail-Adressen oder Shopping-Angebote vom Mac-Desktop aus finden. Das Suchprogramm beauftragt eine ganze Armada von Suchmaschinen gleichzeitig und listet deren Ergebnisse nach Relevanz sortiert in einem eigenen Fenster auf."

"Erstmals sind Mehrbenutzer-Fähigkeiten eingebaut, praktisch etwa, wenn sich mehrere Schüler oder Familienmitglieder einen Macintosh teilen sollen. Jeder der "Multiple Users" bekommt unterschiedliche Rechte und eine individuelle Arbeitsumgebung. Identifizieren können sie sich wahlweise durch ein eingetipptes Passwort oder mit einem ins Mikrofon gesprochenen Satz (Voiceprint)."

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Mac OS 9 kam im Oktober 1999 auf den Markt und war die letzte Version des alten Apple-Betriebssystems. Fast 20 Jahre nach der Vorstellung des ersten Macintosh entsprach es nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Betriebssystem. Es beherrschte beispielsweise nur das veraltete kooperative Multitasking, bei dem nicht das OS zentral die Ressourcen verteilt. Wenn sich die Programme selbst um die notwendige Rechenleistung kümmern, kommen sie sich häufig in die Quere. Das Mac OS verfügte damals auch nicht über eine geschützte Speicherverwaltung, sodass sich Anwendungen immer wieder gegenseitig zum Absturz brachten. Außerdem fehlte eine echte Multiuser-Verwaltung; das klassische Mac OS täuschte diese nur durch unterschiedlich gestaltete Desktop-Umgebungen vor.


Mit einem Schlüsselbund (Keychain) zur zentralen Verwaltung von Passwörtern hielt in Mac OS 9 eine weitere wichtige Funktion Einzug, die bis heute Bestandteil von macOS ist – inzwischen erweitert um eine Cloud-Komponente zum Abgleich zwischen mehreren Geräten in Gestalt des iCloud-Schlüsselbundes.

"Die mitgelieferte "Carbon"-Bibliothek schließlich stellt das Bindeglied zu der Unix-basierten nächsten Betriebssystemgeneration MacOS X dar, deren Client-Version Anfang nächsten Jahres herauskommen soll. Programme, die für das modernere und deutlich schlankere API geschrieben wurden, sollen auch auf dem aktuellen Betriebssystem laufen", erläuterte Ehrmann weiter. "Über die eingebaute "File Encryption" lassen sich Dateien sehr einfach mit einem 56-Bit-Algorithmus verschlüsseln. Der nunmehr eingebaute Apple-Remote-Access-Server erlaubt es, sich aus der Ferne in den Macintosh einzuwählen, um an dessen lokal gespeicherte Daten und gemountete Laufwerke zu gelangen. FileSharing und AppleScript arbeiten nun auch übers Internet."

Mac OS 9 wurde erst im März 2001 durch die finale Fassung von Mac OS X 10.0 abgelöst, Apples neuem Betriebssystem mit Unix-Unterbau und bunter Aqua-Bedienoberfläche. Doch Classic Mac OS hielt sich beharrlich: Über Jahre installierte Apple beide Betriebssysteme auf neuen Macs vor, viele Nutzer zogen das zu diesem Zeitpunkt deutlich flottere (und vertrautere) Mac OS 9 vor.


Mit einer symbolischen Beerdigung versuchte Apple-Chef Steve Jobs auf der Entwicklerkonferenz WWDC 2002 einen Schlussstrich zu ziehen. Als im Jahr darauf erste Macs auf den Markt kamen, die nicht mehr von Mac OS 9 booten konnten, war der Aufschrei aber groß genug, so dass Apple parallel zum neuen Power Mac G5 einen aktualisierten Power Mac G4 einführte, auf dem sich Classic Mac OS immer noch starten ließ. Mit der Classic-Umgebung konnten OS-X-Nutzer Mac OS 9 respektive Classic-Apps zudem weitere Jahre in einer virtuellen Maschine auf PowerPC-Macs einsetzen.

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(lbe)