Samsung-TVs: Wenn Künstliche Intelligenz zum Schummeln verleitet

Samsungs KI-CPU in aktuellen QLED-Fernsehern produziert seltsame Pixelmuster in Farbverläufen, erkennt offenbar Testmuster – und wird im Game-Modus deaktiviert.

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Samsung-TVs: Wenn Künstliche Intelligenz zum Schummeln verleitet
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Von
  • Rasmus Larsen
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In den letzten Jahren hat Samsung die LCD-Technik in vielerlei Hinsicht vorangetrieben. Ein Schritt war der Einsatz von Quantenpunkten, um den Farbraum zu erweitern. Noch wichtiger ist, dass das Unternehmen in seinen Top-LCD-TVs ausgefeiltes local dimming des LED-Backlight – mit Boost-Modus – eingesetzt hat, um die Leuchtdichte feiner zu steuern und zu erhöhen.

Darüber hinaus hat das Unternehmen eine Reihe von Anläufen unternommen, den Blickwinkel von LCD-Panels vom Typ VA zu verbessern – eine große Herausforderung. Samsung ist natürlich nicht das erste Unternehmen, das sich dieser Aufgabe widmet. Warum also hatte Samsung mit seinem letzten Versuch anscheinend Erfolg, während andere gescheitert sind? Nun, wenn Sie etwas genauer hinschauen, werden Sie etwas sehr Beunruhigendes sehen.

Hier ist das Problem: Die 8K-Fernseher von Samsung können keine 8K-Auflösung anzeigen und die besten 4K-Fernseher aus 2019 keine 4K-Auflösung. Es sei denn …

Rasmus Larsen

Rasmus Larsen ist Herausgeber von flatpanelshd.com, einer Website, die sich auf die Display-Technologie und das TV-Ökosystem aus Verbrauchersicht konzentriert. Es ist eine Quelle für Nachrichten, detaillierte Artikel, technische Rezensionen und mehr.

Fangen wir von vorne an. In seinem Beitrag "Samsung-TVs: Wenn 8K doch nicht 8K ist" erklärte Bob Raikes, wie Samsung Subdomains und einen Weitwinkelfilm zur Verbesserung der Blickwinkel einsetzt – und wie dies die Energieeffizienz beeinträchtigt. Allerdings hat eines der Geheimnisse hinter Samsungs ultraweitem Blickwinkelsystem seine Wurzeln eigentlich in etwas anderem. Die Verwendung von Subdomains ist hier lediglich ein Türöffner.

Seitdem Samsung seinen "KI"-Prozessor für 8K-TVs eingeführt hat – ein Prozessor, der inzwischen auch in den 4K-TVs angekommen ist – verwenden die Fernseher eine Sub-Pixel-Rendering-Technik. Ziel ist es, die Blickwinkel durch den Einsatz von Subdomänen mit unterschiedlich ausgerichteten Flüssigkristallen zu verbessern. Das Unternehmen bezeichnet dies manchmal als "Quad-Rendering", weil es jeweils vier Subpixel bündelt und das "Quad" als Gruppe betreibt.

Von hier aus wird es etwas technischer und um die Methode vollständig zu erfassen, müssten wir die Unterschiede zwischen IPS und VA inklusive der Flüssigkristallorientierung und weitere Faktoren erläutern. Ich möchte lieber ein Beispiel nutzen.

Im folgenden Beispiel sollte der Bildschirm einen bestimmten Grünton (G 96) wiedergeben. Schaut man senkrecht auf den Schirm fällt auf, wie das Panel seine P6ixel in Vierergruppen ansteuert: Das linke obere Subpixel leuchtet voll auf (G 255), das rechts unten ist stark gedimmt, und die rechts oben und links unten sind fast ausgeschaltet. Erst die Kombination aller vier ergibt den gewünschten Grünton (G 96) – und verbessert die Blickwinkel. Bei anderen Panel-Typen bildet jedes Sub-Pixel seine eigene Farbabstufung ab und alle zeigen den gleichen Farbton G 96 an.

Unterm Mikroskop sieht man die grünen Pixel des VA-Panels, jeweils vier bilden ein Cluster: Das Pixel links oben leuchtet hell, eins nur schwach (rechts unten) und zwei sehr schwach (rechts oben und links unten). Die blauen und roten Subpixel in den vier Bildpunkten sind komplett aus.

(Bild: Rasmus Larsen)

Mit anderen Worten: Das Samsung-VA-Panel mindert die effektive Auflösung, um die Einblickwinkel zu verbessern.

Ist dies nur eine theoretische Übung zur Untersuchung von Subdomänen unter dem Mikroskop? Mitnichten. Sobald man den Effekt erst einmal gesehen hat, ist er sehr schwer zu übersehen. In unserem Beispiel haben wir ein grünes Standbild verwendet, um ihn zu veranschaulichen. Doch sobald man reale Videoinhalte auf den Bildschirm überträgt, wird das "Quad-Rendering" abhängig von der Bildkomposition dynamisch angewendet: In einigen Szenen kann man nichts sehen, aber in den meisten Szenen ist es leicht zu erkennen, wenn man weiß, wonach man suchen muss.

An feinen Farbverläufen wie über den Augen oder am Haaransatz der Dame stört ein seltsames Pixelmuster die 8K-Darstellung.

(Bild: Rasmus Larsen)

Beachten Sie im obigen Bild die dunkleren Bereiche über den Augen der Frau oder die dunkleren Bereiche in der Nähe ihres Haaransatzes: Sie werden Linien und Pixelmuster bemerken. Dies ist ein 8K-Fernseher, auf dem sollten Sie solche Dinge eigentlich nicht sehen. Es liegt daran, dass man mit diesen TVs keine 8K-Auflösung bekommt.

In anderen Szenen können Sie seltsame Muster an Text oder Linien bemerken, oder "Rauschen" in Farbverläufen oder komplexen Mustern.

"Hat man den Effekt erst einmal gesehen, ist er sehr schwer zu übersehen."

In seinen größten 8K-Fernsehern scheint Samsung einen anderen Ansatz mit acht Domänen zu verfolgen, wahrscheinlich weil es einfacher ist, zusätzliche Pixeltransistoren in diese größeren TV-Schirme einzubauen.

Neben einer messbar geringeren Abdeckung des DCI-P3-Farbraums in den neuesten Fernsehern von Samsung wirkt sich der dynamische Pixel-Rendering-Mechanismus auch auf die Farbwiedergabe aus, weil das Panel die Farben respektive die Leuchtdichte in einigen Subpixeln abhängig vom Inhalt dimmt. Einige Szenen haben dadurch einen Grünstich, der hauptsächlich auf Grautönen sichtbar ist.

Der spaßige Teil: Sie können leicht überprüfen, wie Samsung diesen dynamischen Pixel-Rendering-Mechanismus anwendet. Grund: Es handelt sich um ein aktives System, das vom integrierten "KI"-Prozessor betrieben wird. Wenn Sie in den Spielmodus wechseln, wird das System (und damit der Rendering-Mechanismus) deaktiviert, weil es die Eingabeverzögerung wahrscheinlich zu sehr in die Höhe treiben würde.

Wenn Sie den Spielmodus einschalten, werden Sie sofort sehen, dass sich die Blickwinkel verengen. Nicht ein bisschen, sondern deutlich. Das System wurde auch dafür ausgelegt, Testmuster wie zum Beispiel ein 1×1-Schachbrett für Benchmarks zu erkennen. Es deaktiviert dann das dynamische Pixel-Rendering, was ... fragwürdig ist.

Die CTA (Consumer Technology Association) hat kürzlich angekündigt, dass ein 8K-Fernseher "mindestens 50 Prozent Kontrastmodulation an einem 1x1-Gittermuster ereichen muss", um ihre 8K-Anforderungen zu erfüllen. Ich erwarte nicht, dass Samsungs umfangreiche Modellpalette an 8K-Fernsehern in der Lage sein wird, diese Anforderung zu erfüllen. Außer natürlich, der eingebaute Mechanismus zur Testmustererkennung wird aktiv.

Die 8K "QLED" LCD-Fernseher von Samsung können keine 8K-Auflösung anzeigen (außer im Spielmodus), und die 2019er High-End 4K-Fernseher können keine 4K-Auflösung anzeigen (außer im Spielmodus). Es ist eine erhebliche Einschränkung, die in all dem Rauschen um 8K-Fernseher unterzugehen scheint.

Man könnte sich fragen, warum Samsung bereit ist, die Auflösung zu opfern, um den Blickwinkel zu verbessern? Ich vermute, dass die Motivation des Unternehmens viel mit HDR zu tun hat und dem Bestreben, die eigenen LCD-TVs als die hellsten HDR-Fernseher auf dem Markt zu positionieren. Schlechte Blickwinkel zerstören jedoch HDR für alle Zuschauer, die außerhalb des Sweetspots sitzen. (uk)