Enercon-Mitarbeiter sollen aufgefangen werden, Standort Magdeburg bleibt

Über eine Transfergesellschaft sollen nach dem Stellenabbau Enercon-Mitarbeiter aufgefangen werden. Die Zukunft von Enercon in Deutschland ist ungewiss.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 75 Kommentare lesen
Enercon-Mitarbeiter sollen aufgefangen werden, Standort Magdeburg bleibt

(Bild: TimSiegert-batcam/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Die Beschäftigten, die vom Jobabbau beim Windanlagenbauer Enercon betroffen sind, sollen sozial aufgefangen werden. Das kündigte Sachsen-Anhalts Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) am Montag nach einem Krisengespräch mit der Enercon-Spitze in Magdeburg. Es werde Sozialpläne geben. Zudem solle gemeinsam über die Möglichkeit beraten werden, die Beschäftigten über eine Transfergesellschaft aufzufangen und für neue Aufgaben zu qualifizieren. "Ich hoffe, dass wir vor Weihnachten das Signal geben können, wie wir sie auffangen können", sagte Grimm-Benne.

Laut Enercon-Chef Hans-Dieter Kettwig sind am Standort Magdeburg 1200 bis 1500 Beschäftigte beim Unternehmen selbst sowie zwei exklusiven Zulieferern betroffen. Die Auffanglösungen sollen für alle gelten. Die Entlassungen sind für März und September 2020 geplant.

Dabei gelte es, für möglichst viele Beschäftigte wieder Industrie-Arbeitsplätze zu finden, mahnte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Es sei keine vernünftige Zukunftsperspektive, "alle in die Logistik zu stecken".

Für Magdeburg sei die Entscheidung Enercons ein schwerer Schlag. Vor drei bis vier Jahren arbeiteten in der Stadt noch 5500 Menschen, darunter viele Leiharbeiter, für den Windanlagenbauer, rechnete Trümper vor. Jetzt seien es noch mehr als 3000, nach dem Jobabbau etwa 2000.

Enercon sitzt im niedersächsischen Aurich und ist einer der größten deutschen Hersteller von Windkraftanlagen. Er hatte vergangene Woche eine umfassende Neuausrichtung angekündigt. Von dem Stellenabbau könnten laut Kettwig bis zu 3000 Beschäftigte betroffen seien, je zur Hälfte in Ostfriesland und in Magdeburg. Weltweit beschäftigt der Enercon-Verbund nach eigenen Angaben rund 18.000 Menschen.

Das Unternehmen hatte zuletzt die Energiepolitik der Bundesregierung beklagt, die im deutschen Markt für eine Auftragsflaute sorge. Der Ausbau von Windanlagen in Deutschland stockte zuletzt, unter anderem wegen Klagen, langer Genehmigungsverfahren und neuer Auflagen.

Derzeit steht Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in der Kritik, weil er bei neuen Windkraftanlagen einen Mindestabstand von 1000 Metern zum nächsten Wohngebiet festschreiben will. Zuletzt lehnten die Umweltminister der Länder diese Pläne einstimmig ab.

Auch die Landespolitik müsse nun die Diskussion über die anscheinend schwindende Akzeptanz von Windrädern in der Bevölkerung führen, so Landeswirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Zudem könnten Fördermittel an Enercon fließen, wenn die Firma bei ihrer Neuaufstellung innovative Projekte starte.

Tatsächlich müsse Enercon innovativer werden und sich mehr auf den internationalen Markt ausrichten, so Kettwig. Dabei sei auch ein Blick auf die Kostenseite unausweichlich. Dabei plane Enercon aber auch künftig mit seinen deutschen Produktionsstandorten, sagte Kettwig und verwies auf das über Jahre erarbeitete Know-how. Enercon verlagert die Fertigung von Rotorblättern aus Aurich und Magdeburg ins Ausland. Andere Bereiche, etwa die Fertigung von Türmen oder Generatoren, sollen bleiben. Bleiben sie dauerhaft? "Eine Garantie gibt ihnen niemand", so Kettwig.

Für Magdeburgs Oberbürgermeister Trümper ist es aber entscheidend, die Fertigung der verbleibenden Komponenten in Deutschland zu halten. Sonst seien die weg, sagte er – und verwies auf eine ähnliche Entwicklung bei der Fertigung von Solarpaneelen. Gerade für den Osten Deutschlands sei der Wegfall von Industriejobs problematisch, weil es davon vergleichsweise wenige gebe. "Ein industrieloses Land, mit ein bisschen Landwirtschaft, ein bisschen Logistik, und das war's dann. Das kann nicht die Perspektive sein für ostdeutsche Städte." (olb)