Der schwere Kampf gegen Desinformation

Trotz aller gesetzlicher und technischer Maßnahmen bleiben Fake News ein Problem. Dagegen helfen nur gesundes Misstrauen und Grundwissen zum Fact Checking.

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Der schwere Kampf gegen Desinformation
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Fakt oder Fake:

Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein soziales Netzwerk neue Maßnahmen oder Erfolge im Kampf gegen Fake News vermeldet. Kann man also davon ausgehen, dass die Dienste nach dem Motto „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“ aufräumen und Fake News aus ihren Angeboten entfernen?

Wohl kaum. Zwar rüsten Facebook & Co. ihre technischen Maßnahmen auf, entdecken und sperren immer mal wieder Accounts, die durch das massenhafte Verbreiten von falschen Nachrichten auffallen. Der Kampf gegen Fake News in den sozialen Medien erscheint aber dennoch wie der zwischen Hase und Igel, bei dem die sozialen Netzwerke den Verbreitern von Fake News und ihren Methoden immer hinterherhecheln.

Muss also der Gesetzgeber ran? Frankreich hat Ende letzten Jahres zwei Gesetze gegen Gerüchte und Falschaussagen in Wahlkampfzeiten beschlossen. Parteien oder Kandidaten sollen damit in den drei Monaten vor einer landesweiten Wahl gegen öffentlich verbreitete Unwahrheiten vorgehen können. Kritiker sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr.

Es ist eben ein hohes Gut in freiheitlichen Rechtssystemen, dass jeder sich in weiten Grenzen frei äußern darf. Und an dieses Gut setzt man nicht vorschnell die Axt an – vielleicht ist das einer der Gründe, weshalb sich die Politik hierzulande kaum mit dem Thema befasst. Die Stiftung neue Verantwortung, ein Polit-Think-Tank, jedenfalls sieht in einer aktuellen Studie das Vorgehen zur Eindämmung von Desinformation als „unkoordiniert und bruchstückhaft“. Bisherige Regulierungsversuche und politische Lösungsansätze seien „kaum geeignet, um Desinformation einzudämmen.“

Mit der Gesetzgebung einzelner Länder wird man dem weltweiten Problem Fake News ohnehin nicht Herr. Einzelne Regierungen benutzen Propaganda und Falschnachrichten offenbar, um in anderen Ländern Wahlen zu beeinflussen, wie es Beobachter Russland bei den vergangenen amerikanischen Präsidentschaftswahlen nachsagen. Woanders verbreiten Politiker auch im eigenen Land „Alternative Facts“: Die Washington Post hat in den ersten 993 Tagen von Donald Trumps Präsidentschaft 13.435 „falsche oder irreführende Behauptungen“ des amerikanischen Präsidenten gezählt.

Die Washington Post hat 13.435 „falsche oder irreführende Behauptungen“ des amerikanischen Präsidenten zusammengetragen.

Man wird sich wohl damit abfinden müssen, dass die Meinungsfreiheit auch weiterhin missbraucht wird, um Fake News zu verbreiten. Die Faker gehen dabei immer subtiler vor. So verbreiten sie oft keine reinen Lügengeschichten, sondern versehen einen wahren Nachrichtenkern mit einem die Tatsachen verzerrenden Spin: Man dreht das Thema in eine gewünschte Richtung, kann aber die zugrundeliegende Nachricht sauber belegen.

Wie stark solche Fake News im einzelnen wirken, lässt sich schwer messen. Experten wie Simon Hegelich von der TU München schätzen ihre unmittelbare Wirkung – etwa auf Wahlen – eher gering ein. Allerdings befürchten Forscher langfristige negative Effekte auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil Menschen generell misstrauischer gegenüber Nachrichten und Institutionen werden. Häufig wiederholte Lügen und geschickt platzierte Vorurteile können sich zudem allmählich festsetzen.

Es ist also eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jeden Einzelnen mit einer gesunden Portion Misstrauen und Grundwissen zum Fact Checking zu immunisieren. Wir wollen dazu beitragen: Dazu erklären wir, wie die Algorithmen der sozialen Netzwerke Falschnachrichten begünstigen. Außerdem präsentieren wir Verfahren der Bild- und Videomanipulation und zeigen, wie man sie erkennt. Darüber hinaus stellen wir die wichtigsten Faktenchecker und Lernquellen vor, bei denen sich jedermann mit der notwendigen Dosis Medienkunde gegen Fake News impfen kann.

Dieser Artikel ist Teil eines Schwerpunktes in c't 25/2019. (jo)