Kommentar: Der Stadia-Start ist eine Katastrophe – na und?

Das Netz trieft vor Häme über den vermasselten Launch von Google Stadia. Die Grabreden kommen zu früh, meint Daniel Herbig. Wichtig wird die Version ohne Abo.

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Kommentar: Der Stadia-Start ist ein Desaster – na und?

(Bild: Google)

Lesezeit: 3 Min.

Google hat es verbockt: Der Start von Stadia hätte chaotischer kaum sein können. Fehlende Features, Lieferverzögerungen, Ruckler und ein mageres Spieleaufgebot ärgern die Käufer der Vorbesteller-Fassung völlig zurecht. Den frühen Abonnenten tischt Google nicht viel mehr als eine Beta auf. Die Versuchung ist daher groß, Googles Cloud-Gaming-Dienst schon jetzt in die Tonne zu treten. Doch das wäre kurzsichtig. Wirklich interessant wird Stadia nämlich erst mit der abofreien Version, die 2020 kommt.

Ein Kommentar von Daniel Herbig

Daniel Herbig berichtet auf heise online über Videospiele, Unterhaltungselektronik und andere Gadgets.

Als „Netflix für Spiele“ war Stadia gehandelt worden, bevor die Ankündigung des tatsächlichen Geschäftsmodells solche Wolkenschlösser zersprengte. Zwar gibt es schon jetzt ein Abo namens Stadia Pro, das 10 Euro im Monat kostet und einige Schickimicki-Features wie 4K-Streaming und HDR mitbringt. Weil die Spiele aber zusätzlich noch separat gekauft werden müssen, war das nie ein attraktives Angebot. Für die meisten Spieler ist die für 2020 angekündigte Gratis-Variante Stadia Base die deutlich spannendere Alternative. Hier kann man die Stadia-Titel einfach kaufen, ohne eine monatliche Grundgebühr zu zahlen – und kann immerhin in FullHD-Auflösung streamen. Den meisten Nutzern reicht das völlig aus.

Stadia Base wird vor allem das überlegene Angebot, weil die Skepsis gegenüber den technischen Herausforderungen beim Spielestreaming noch groß ist. Wer will sich schon an ein Abo binden, ohne zu wissen, ob die Stadia-Titel überhaupt ruckel- und latenzfrei spielbar sind? Es spricht allerdings nichts dagegen, das Ganze zum Beispiel mit dem 20 Euro teuren Tomb Raider einfach mal auszuprobieren, ganz unverbindlich. Ohne die monatliche Abo-Verpflichtung verliert auch die bisher dünne Spiele-Bibliothek an Bedeutsamkeit, und aktuell fehlende Funktionen werden bis 2020 voraussichtlich bereitstehen.

Selbst wenn Ruckler und Latenz das Spielerlebnis noch stören, darf man Stadia nicht sofort abschreiben. Dann lädt man den Ego-Shooter Destiny 2 eben auch künftig bei Steam herunter. Den Football Manager 2020 kauft man vielleicht trotzdem bei Stadia, um sich auch auf dem Tablet durch Kaderplanung und Trainingspläne zu wühlen – bei manchen Spielen ist die Eingabeverzögerung einigermaßen egal.

Klar, solche Kompromisse entsprechen nicht der Vision des bahnbrechenden Cloud Gamings, das mit einem lauten Paukenschlag die Grundfesten der Gaming-Branche ins Wanken bringt. Doch das war nie realistisch, so ein Paradigmenwechsel passiert nicht von heute auf morgen. Cloud-Gaming-Dienste wie Stadia, Konsolen und Spiele-PCs können koexistieren, zumindest eine Weile lang. Die Spieler werden Stadia trotz des misslungenen Starts weitere Chancen geben. Google muss diese Gelegenheiten dann nutzen – vielleicht hat die Revolution ja nur ein wenig Verspätung.

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(dahe)