Gesellschaftsvertrag fürs Internet: Wirtschaftsminister Altmaier fordert Mitwirkung der Gesellschaft

Am Dienstag beginnt erstmals in Deutschland ein Internet Governance Forum. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzte vorher schon Ziele.

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Altmaier: Gesellschaft muss am Gesellschaftsvertrag fürs Netz mit wirken

(Bild: igf2019.berlin)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die Bundesregierung will einen neuen Gesellschaftsvertrag fürs Internet zu ihrer Sache machen, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf dem heutigen Tag Null des Internet Governance Forums (IGF) der Vereinten Nationen (UN) im Berliner Estrel. Bis 2025 investiere Deutschland dafür eine Million Euro jährlich in das 2006 gegründete IGF, um damit finanziell und organisatorisch die vom UN-Generalsekretär Antonio Guterres angestoßenen Reformen zu unterstützen.

Den Zugang zum Internet hatte Altmaier bereits am Vorabend des erstmals in Berlin stattfindenden Forums als "Menschenrecht" mit ähnlichem Stellenwert wie die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln oder Wasser bezeichnet. Für Afrika gelte das ganz besonders, stimmte die afrikanische Jungunternehmerin Fatoumata Ba dem Minister bei. Denn erst übers Internet werde in vielen afrikanischen Ländern Zugang zu Bankdienstleistungen, Gesundheitsversorgung und transparenten Märkten geschaffen.

Der Zugang bis in die kleinsten Dörfer in den Entwicklungsländern – "in der schnellen Form" auch in ländliche Räume in Deutschland oder Frankreich – gehöre zu den dringlichsten Aufgaben. Elementar für den künftigen Gesellschaftsvertrag sei auch, das Internet frei von Zensur, von Überwachung und von Diskriminierung zu bekommen, forderte Altmaier. Er warnte vor einer interessengeleiteten Politisierung des Netzes; es dürge nicht zum Instrument der Machtausübung für einzelne Institutionen, Regierungen oder Regionen werden. Zur Frage, ob Länder wie China und Russland überhaupt für solche Ideen gewonnen werden könnten, sagte der Minister, auf dem IGF werden mit diesen Ländern gesprochen.

Altmeier erkannte an, dass die Politik für die Arbeiten am Netz auf die Erfahrungen und Beiträge von Wirtschaft und Zivilgesellschaft weltweit angewiesen sei, wie es im sogenannten Multi-Stake-Holder-Prozess üblich ist. "Es waren auch nicht die Politiker, sondern die Menschen, die hier in Berlin dafür gesorgt haben, dass Teilung und Mauer friedlich überwunden werden."

Um dem neuen Gesellschaftsvertrag mehr Gewicht zu verleihen, bedürfe es überdies einer breiten parlamentarischen Legitimation. Parlamentarier aus allen Ländern zum IGF in Berlin gezielt einzuladen gehörte zu den Besonderheiten der deutschen Gastgeber. Ein weiteres Sonderthema, dem sich die deutschen Gastgeber widmen, ist eine Internet-Charta für den Mittelstand. Diese soll noch am Montag in Berlin vorgestellt werden.

Siemens-Chef Jo Kaeser forderte zum Auftakt des IGF aus Sicht der Wirtschaft, einen durchsetzbaren Anspruch auf Transparenz von Datenerhebung und Nutzung im Netz. "Jeder, der eine Plattform nutzt, muss wissen, welche der von ihm übergebenen Daten wie genutzt werden." Die Einhaltung dieser Zusicherungen müsse überdies durch internationales Recht abgesichert und durchsetzbar sein. Siemens stehe aber auch dafür ein, Daten im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen. Das sei einer von fünf weiteren Kernpunkten des Unternehmens.

Bis Freitag können sich im Berliner Estrel die erwarteten 5000 Teilnehmer aus über 200 Ländern über einen Gesellschaftsvertrag auseinandersetzen. Zur offiziellen Eröffnung am Dienstag werden die Bundeskanzlerin und der Generalsekretär der Vereinten Nationen erwartet, der seinerseits Informationen die Neuaufstellung der UN im Bereich Internet Governance ankündigen wird, wie heise online erfuhr.

Die Panels auf dem IGF werden live im Streaming gezeigt.

Siehe dazu das Missing Link auf heise online:

(anw)