Unerwartet massereiches stellares Schwarzes Loch in der Milchstraße gefunden

Die Milchstraße ist voll von kleineren Schwarzen Löchern. Die zu finden ist aber schwer. Nun haben Forscher eins entdeckt, das viel zu massereich scheint.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 178 Kommentare lesen
Unerwartet massereiches stellares Schwarzes Loch in der Milchstraße gefunden

(Bild: Jingchuan YU, Beijing Planetarium, 2019)

Lesezeit: 3 Min.

Chinesische Astronomen haben ein Schwarzes Loch in der Milchstraße gefunden, das deutlich massereicher ist, als es den gegenwärtigen Theorien zufolge sein dürfte. Nun müssten die Astrophysiker die Herausforderung annehmen, dessen Bildung in unser Heimatgalaxie zu erklären, meint Jiufeng Liu von Chinas National Astronomical Observatory, der die Forschung geleitet hat. Für ihn und sein Team sei die Entdeckung eine riesige Überraschung gewesen, ergänzt er.

Die Modelle zur Entstehung stellarer Schwarzer Löcher müssten nun überarbeitet werden, stimmt David Reitze von der Universität Florida zu. Er leitet das LIGO Laboratory, das nach Gravitationswellen fahndet und ebenfalls bereits Spuren Schwarzer Löcher entdeckt hat, die den Theorien widersprechen.

Allein in unserer Milchstraße dürfte es rund 100 Millionen stellare Schwarze geben, die aus kollabierenden massereichen Sternen entstanden sind, erläutern die Forscher. Da sie aber größtenteils inaktiv sind und kein Material einsaugen, das erhitzt und dadurch beobachtbar wird, sind sie sehr schwer zu finden. Bei ihrer Entstehung wurde außerdem ein Großteil der Bestandteile des jeweiligen Sterns ins All geschleudert, weswegen angesichts der typischen Sterne in unserer Heimatgalaxie keine stellaren Schwarzen Löcher existieren dürften, die mehr als die 20-fache Masse unserer Sonne aufweisen. Mit 70 Sonnenmassen liegt der nun auf LB-1 getaufte Himmelskörper jedoch deutlich über dieser Grenze. Außerhalb unserer Galaxie waren dank Gravitationswellen bereits Spuren ähnlich massereicher Schwarzer Löcher gefunden worden.

Weil inaktive stellare Schwarze Löcher so schwer zu finden sind, kennen wir derzeit lediglich rund zwei Dutzend, erklären die Wissenschaftler. Sie suchten deshalb nicht nach Röntgenstrahlung, die von Material ausgestrahlt wird, das in ein Schwarzes Loch gerissen wird. Stattdessen fahndeten sie mit dem chinesischen Teleskop LAMOST (Large Sky Area Multi-Object Fiber Spectroscopic Telescope) nach Sternen, die ein nicht sichtbares Objekt umkreisen. Die Chinesen fanden nun in 15.000 Lichtjahren Entfernung einen Stern mit der achtfachen Masse unserer Sonne, der alle 79 Tage um das Schwarze Loch LB-1 kreist. Diese Einzelheiten haben sie mit dem Gran Telescopio Canarias und dem Keck-Observatorium herausgefunden.

Schon vor den Chinesen hatte andere Wissenschaftler sich auf die Suche nach Begleitern von Schwarzen Löchern gemacht. Jüngst war auf diesem Weg schon das bislang kleinste Schwarze Loch gefunden worden. In Verbindung mit der Gravitationswellen-Astronomie deute sich hier eine Renaissance in unserem Verständnis von Schwarzen Löchern an, ordnet der LIGO-Forscher Reitze die Entdeckung deshalb nun ein. (mho)