Fokus Biotechnologie: Embryo aus der Retorte

Forscher nähern sich der Herstellung lebensfähiger menschlicher Embryonen aus Stammzellen. Wie weit darf die Forschung gehen?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Fokus Biotechnologie: Embryo aus der Retorte

Mit fluoreszierendem Farbstoff eingefärbte künstliche Embryonen. Die Farben, unten mit Pfeilen markiert, zeigen unterschiedliche Zelltypen.

(Bild: Yi Zheng et al.)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Antonio Regalado

Die Stammzellen leben nur wenige Tage auf der Oberfläche einer mikrofluidischen Zelle, umspült von winzigen Kapillaren. Sie folgen dem ultimativen Programm des Lebens: Sie versuchen, sich in einen Embryo zu verwandeln. Spezialkameras dokumentieren, wie die Zellen sich vermehren, verändern und selbstständig winzige, kugelförmige Strukturen bilden – inklusive eines beginnenden Fruchtbeutels und den Zellen, die später die einzelnen Körperteile ausbilden würden.

Das Herzstück der Technologie ist das mikrofluidische ­Chipsystem, das der Bioingenieur Jianping Fu und die ­Biologin Deborah Gumucio von der University of Michigan entwickelt haben. Sie platzieren einzelne Stammzellen in winzigen Kammern in den Kanälen auf dem Chip und behandeln sie dann mit chemischen Stoffen, die solche Zellen dazu anregen, sich zu einem Embryo zu entwickeln. Das gelänge bei über 90 Prozent der Stammzellen, und sie hätten Hunderte dieser Embryomodelle hergestellt, sagen sie.

"Diese Kontrollierbarkeit macht das System zu einer neuen experimentellen, standardisierbaren Plattform", sagt Fu. "Jeder Kanal hat viele Kammern, und jede davon kann eine kleine ­Kugel pluripotenter Stammzellen aufnehmen. Chemikalien ­werden durch die Kanäle des mikrofluidischen Systems nur an eine Seite der Zellkugeln gespült, sodass die Stimulation der Stammzellen sehr kontrolliert stattfindet."

Sie selbst möchten damit Medikamente für Frucht­barkeitsbehandlungen testen und die frühesten Phasen der Schwangerschaft erforschen. Auch für Entwicklungsbiologen, die untersuchen, wie sich der Körper formt, sind Systeme, die menschliche Embryonen modellieren können, sehr aufregend. Fu sagt, dass Teams in Japan und Großbritannien bereits das Michigan-Mikrofluidikgerät verwenden, um zu untersuchen, wie sich bestimmte Zellen im Embryo später zu Spermien oder Eizellen entwickeln. Gelänge das, könnte das Menschen helfen, die keine Keimzellen ausbilden können. Ihre Zellen würden dann nachträglich im Labor in Spermien oder Eizellen umgewandelt.

Noch sind die Zellkugeln keine echten Embryonen und können sich nicht zu einem Menschen weiterentwickeln. Den Zellen aus Michigan fehlen entscheidende Zelltypen wie der embryonale Teil der Plazenta, um sich zu einem implantierbaren Embryo zu entwickeln. Wissenschaftler glauben jedoch, dass sich bald schon im Labor Embryonen synthetisieren lassen, die sich kaum von natürlich entstandenen unterscheiden.

(jle)

Internal Server Error