The Expanse, Staffel 4: Nicht so gut wie das Buch, trotzdem beste Sci-Fi im TV

James Holden, Amos Burton und Naomi Nagata müssen sich in der vierten Staffel mit durchgeknallten Dorf-Sheriffs und Killer-Schnecken herumschlagen.

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The Expanse, Staffel 4: Nicht so gut wie das Buch, trotzdem bester Sci-Fi im TV

Die Rocinante im Anflug auf Ilus – natürlich mit realistischer Flug-Physik

(Bild: Amazon Video)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel
Inhaltsverzeichnis

Im immer neu aufgewärmten Franchise-Einheitsbrei à la Star Trek und Star Wars stellt The Expanse in der gegenwärtigen Serienlandschaft – jedenfalls was das Raumschiff-Genre angeht – etwas ziemlich Besonderes dar. Nach dem Wechsel von Syfy zu Amazon Video drehen die Macher nun mit der vierten Staffel der Serie so richtig auf; es wird bombastisch. Leider bleibt Staffel 4 von The Expanse wohl trotzdem hinter den Erwartungen einiger Fans zurück, die die Buchvorlage gelesen haben.

Achtung Spoiler: Diese Rezension enthält wichtige Handlungsstränge und Informationen zu den Staffeln 1 bis 3 von The Expanse.

Die Crew der Rocinante: Amos Burton (Wes Chatham), James Holden (Steven Strait), Alex Kamal (Cas Anvar) und Naomi Nagata (Dominique Tipper)

(Bild: Amazon Video)


Staffel 4 der Amazon-Serie The Expanse besteht aus zehn Folgen, die im Gegensatz zur früheren wöchentlichen Veröffentlichung bei Syfy und der um Monate verspäteten Europa-Premiere bei Netflix nun gleichzeitig mit dem US-Start auch in Deutschland komplett verfügbar sind. Das ist auch gut so, denn The Expanse lädt zum Binge-watchen ein. Sio haben wir alle zehn Folgen am Stück bis spät in die Nacht geschaut. Nach dem schleppenden Tempo und dem Mystery-Feeling der ersten Staffel nahm die Serie in den darauf folgenden Staffeln stetig Fahrt auf und auch in Season 4 nehmen die Produzenten den Fuß nicht vom Gas.

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The Expanse ist eindeutig die innovativste Science-Fiction-Serie, die Hollywood momentan zu bieten hat. Die Mischung aus extremem Weltraum-Realismus und aktuellen politischen Themen sucht ihresgleichen. In der vierten Staffel wird unter anderem ein Raumschiff per Seil im Orbit stabilisiert und die Spitzenpolitiker der Vereinten Nationen diskutieren, was es bedeutet, wenn man ein planetenweites bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt hat. Sind kostenlose Krankenversorgung und Basis-Einkommen wirklich so viel wert, wenn auf jeden einzelnen Job knapp 6000 Bewerber kommen, die per Lotterie ausgewählt werden? Und was passiert mit den Arbeitslosen, wenn da draußen im Weltall auf einmal 1300 bewohnbare Sternensysteme locken? In welcher anderen Science-Fiction-Serie werden solche Themen angesprochen?

UN-Generalsekretär Chrisjen Avasarala: "Don't put your dick in it, Holden. The situation is fucked enough as it is."

(Bild: Amazon Video)

Wer Action will, kommt in der neuen Staffel ebenfalls nicht zu kurz, denn eins dieser neuen Sternensysteme wird Kurzerhand zum Schauplatz eines Bürgerkrieges zwischen Kolonisten. Während sich die Marsianer noch darüber klar werden müssen, dass ihr planetenweites Terraforming-Projekt durch die Ring-Gates komplett überflüssig geworden ist, kloppen sich Belter und UN bereits um die ersten Kolonien jenseits des Ringes. Und es kann wohl nicht als Spoiler angesehen werden wenn wir verraten, dass UN-Vorsitzende Avasarala natürlich genau James Holden und das Gunship Rocinante (absolut legitimes Bergungsgut!) losschickt, um den Streit zu schlichten. Was schon alleine deswegen problematisch ist, weil Holdens Freundin und XO Naomi schließlich Belter ist.

Staffel 4 basiert auf der Buchvorlage Cibola Burn (zu deutsch: Cibola brennt), die unter den acht bereits erschienenen Expanse-Büchern vor allem wegen ihres Genres hervorsticht. Cibola Burn ist als Buch ein astreiner Weltraum-Western: Eine Frontier-Siedlung, ein gesetzloser Miet-Sheriff und die Auseinandersetzung mit der gefährlichen Wildnis bilden den Hintergrund für einen klassischen High-Noon-Showdown zwischen Gut und Böse. Dazu gibt es in schöner Firefly-Tradition ein paar Raumschiffe und allerhand Überraschungen und unvorhergesehene Wendungen.

Die Siedlung First Landing auf Ilus

(Bild: Amazon Video)

Leider schafft es die Fernseh-Adaption nicht, das Gefühl der Weite und der Einsamkeit einzufangen, von der das Buch lebt. Auch die genretypische Behäbigkeit des Buches geht in den zehn TV-Folgen auf Grund der Dichte des zu transportierenden Stoffes dann doch abhanden. Wer das Buch nicht gelesen hat, dem wird vieles hiervon nicht auffallen; die zehn Folgen der vierten Staffel sind trotzdem packend und liefern genug Neues, um den Zuschauer an das Streaming-Gerät zu fesseln. Das ist auch gut so, denn wie auch schon die ersten drei Staffeln der Serie eignet sich auch Season 4 nicht zum Nebenbeischauen; der Plot und die Interaktionen zwischen den fast ausnahmslos sehr tiefen Charakteren benötigen die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers.