Zahlen, bitte! 17,97 Cent pro Tonnenkilometer, oder: von Paketen, Verkehr und Mobilität

Ohne Mobilitätswende ist die Energiewende nicht zu schaffen und vice versa. Der gerade erschienene Mobilitätsatlas liefert dafür jede Menge Zahlen.

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Zahlen, bitte! 17,97 Cent pro Tonnenkilometer, oder: von Paketen, Verkehr und Mobilität
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Die Heinrich-Böll-Stiftung und der Verkehrsclub Deutschland haben den Mobilitätsatlas 2019 veröffentlicht. Mit vielen Zahlen und Grafiken werden in ihm die verschiedenen Verkehrssysteme vermessen. Der Atlas zeigt auf, wie soziale, ökonomische und ökologische Faktoren zusammenhängen und eignet sich bestens als Lektüre für die anstehenden Weihnachtsfeiertage.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

So kann man erfahren, dass die rasant wachsende Zahl der Lieferwagen für die Auslieferung der vielen Pakete und Päckchen auf dem besten Weg ist, eine eigene Schadensklasse zu werden: mit Kosten von 17,97 Cent pro Tonnenkilometern sind sie weitaus schädlicher als LKW mit 4,46 Cent pro Tonnenkilometer, der Maßeinheit für die Verkehrsleistung im Güterverkehr: zurückgelegte Kilometer multipliziert mit der der beförderten Gütermenge in Tonnen.

Der Mobilitätsatlas 2019 belegt mit vielen Zahlen und Grafiken, wie eine Verkehrswende aussehen kann und was sie mit der Energiewende zu tun hat. Er berücksichtigt alle Aspekte, vom städtischen Verkehr über die Mobilität im ländlichen Raum bis hin zum umweltschädlichen Flugverkehr, der als Reiseform nach wie vor sehr beliebt ist.

Die Zahlen des Mobilitätsatlas zeigen, welche Kosten der Mobilität externalisiert werden, wenn etwa Fluggesellschaften keine Kerosinsteuer zahlen und auf internationalen Flügen keine Mehrwertsteuer auf den Flugpreis aufschlagen müssen. Er zeigt aber auch, dass nicht die Schadstoffbelastung des Klimas, sondern die schiere Zahl der Verkehrsunfälle die größten Folgekosten produziert. Die Unfälle sind übrigens dafür verantwortlich, dass Lieferwagen mit 17,97 Cent pro Tonnenkilometer so extrem schlecht abschneiden. Hier liegt ein gesellschaftliches Problem vor, das sich auch in anderen Zahlen ausdrückt.

Der Mobilitätsatlas 2019 schaut in die Zukunft. Er rechnet vor, was der Umstieg von der fossilen Mobilität in die elektrische Mobilität bedeutet, wenn die Stromerzeugung mit der Energiewende zunehmend nachhaltig organisiert ist. Es gibt Artikel zum autonomen Fahren und zur Drohnennutzung; selbst der durch Deutschland rasende Hyperloop wird als mögliches Verkehrskonzept der Zukunft betrachtet.

Zu den aufgesammelten Erkenntnissen der Broschüre gehört, dass die Automobilindustrie am Standort Deutschland keineswegs vor dem Zusammenbruch steht, wenn sie sich umorientiert. Überraschend auch, dass die Unzufriedenheit mit dem öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum ein typisches Merkmal der alten Bundesländer und die Zufriedenheit mit dem ÖPNV-Angebot in den neuen Bundesländern deutlich größer ist.

Zu den traurigen Kapiteln des Mobilitätsatlas gehört Frage der barrierefreien Mobilität. Menschen mit Behinderungen haben große Probleme beim Reisen, entsprechend groß ist der Verbesserungsbedarf. Das fängt schon damit an, dass es keine einheitliche Informationsquelle für barrierefreies Reisen gibt. Das "informierte Nachdenken" über die Mobilität der Zukunft, das von den Autoren des Atlas gefordert wird, muss inklusiv ausgerichtet sein. Zum informierten Handeln fordern sie "mutige Politikerinnen und Politiker auf allen Ebenen". Aber auch der Verkehrsbürger muss mitziehen, damit die Verkehrswende gelingen kann.

Der Mobilitätsatlas ist auch als Podcast verfügbar. (jk)