Zukunftspreis für Übersetzungssoftware

Bundespräsident Johannes Rau hat gestern den mit 500.000 Mark dotierten Deutschen Zukunftspreis 2001 an Professor Wolfgang Wahlster verliehen.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Bundespräsident Johannes Rau hat gestern den mit 500.000 Mark dotierten Deutschen Zukunftspreis 2001 an Professor Wolfgang Wahlster verliehen. Mit der Preisverleihung zeichnete Rau das Projekt "Sprachverstehende Computer als Dialog- und Übersetzungsassistenten" aus. Der Preis des Bundespräsidenten wird jährlich für herausragende technische, ingenieur- oder naturwissenschaftliche Innovationen vergeben. Gesicherte Anwendungsmöglichkeiten, uneingeschränkte Marktfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind entscheidende Kriterien für die Auswahl der Nominierungen.

Professor Wahlster hatte das Wissenschaft und Wirtschaft übergreifende Verbundprojekt Verbmobil geleitet. Das Verbmobil-System, das als Prototyp Ende 2000 vollständig realisiert wurde, erkennt gesprochene "Spontansprache", analysiert die Eingabe, übersetzt sie in eine Zielsprache (derzeit: Deutsch, Englisch, Japanisch), erzeugt einen Satz und spricht ihn aus. Bei der Analyse der Alltagssprache, die für aktuelle Spracherkennungssoftware immer noch ein Härtetest darstellt, verknüpft das System verschiedene, in sich mehrdeutige Analyseergebnisse so, dass sie schließlich ein eindeutiges Resultat liefern, indem es die wechselseitigen Bedeutungsbeschränkungen bei der Informationsfusion auswertet.

Die vom Spracherkennungsmodul als möglich erkannten Wörter werden intern mit Wahrscheinlichkeiten bewertet und in einem Worthypothesengraphen repräsentiert. Die Syntaxanalyse überprüft ihren Input auf grammatikalische Korrektheit und liefert ihrerseits das Ergebnis bei der Semantik ab; ob beispielsweise mit dem Wörtchen "sie" die Anrede einer einzelnen Person oder einer Gruppe bezweckt ist, muss letztendlich die Semantik ermitteln.

Unterstützt wird die linguistische Analyse von einem so genannten Dialogmodul, das "Dialogakte" durch statistische Methoden zu erkennen versucht. Ein Satz wie "Hmm, ja, dann würde ich mal äh sagen äh vorschlagen, dass wir uns äh also dann äh am dritten Juni treffen" wird von der Tiefenanalyse nicht zufrieden stellend bearbeitet, die Dialoganalyse hingegen erkennt einen Datumsvorschlag, filtert die zugehörige Datumsangabe heraus und macht stur nach Schema F einen Übersetzungsversuch.

Aus den im Rahmen des Verbmobil-Prototyps erprobten sprachtechnologischen Innovationen sind inzwischen bereits sechs Spin-Off-Firmenneugründungen mit dreihundert neuen Hightech-Arbeitsplätzen und zwanzig marktfähige Produkte (etwa FairCar zur sprachbasierten Produktsuche im Internet, Beagle zur natürlichsprachlichen Musiksuche, FränKi zur vollautomatischen Kinoauskunft über Telefon) hervorgegangen. Mittlerweile arbeitet Wahlster an einem Nachfolgeprojekt: Das SmartKom-System soll nicht nur Sprache erkennen, sondern auch Gestik und sogar Mimik. (wst)