Windbranche: Schleswig-Holstein muss wieder Nr. 1 werden

Der Bundesverband Windenergie kritisiert Stillstand seit drei Jahren und fordert Maßnahmen, damit Schleswig-Holstein wieder "Energiewendeland Nr.1" wird.

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Windbranche: Schleswig-Holstein muss wieder Nr. 1 werden

(Bild: Enercon GmbH)

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  • dpa

Schleswig-Holstein muss nach Ansicht des Bundesverbandes Windenergie (BWE) wieder "Energiewendeland Nr.1" werden. Die Branche stehe bereit, gemeinsam mit der Landesregierung diesen Anspruch aus dem Jamaika-Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP wieder zu erfüllen, sagte BWE-Landesgeschäftsführer Marcus Hrach der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Dazu bedürfe es aber in den nächsten Jahren mehr als 165 Genehmigungen von Windkraftanlagen jährlich. Nur so lasse sich das landeseigene Ziel von 10 Gigawatt Strom durch Windkraft an Land bis zum Jahr 2025 erreichen. "Für den Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein war auch 2019, wie die beiden Vorjahre, ein verlorenes Jahr", sagte Hrach. "Es wurde auch in diesem Jahr nur ein Bruchteil der Windenergieanlagen
genehmigt, die für eine konsequente Klimapolitik nötig gewesen wären."

Laut Schleswig Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) sollten bis Jahresende in 2019 insgesamt etwa 65 Anlagen mit Ausnahmegenehmigungen bewilligt werden. In Schleswig-Holstein herrscht seit 2015 wegen eines Gerichtsurteils ein Moratorium für neue Windräder, Genehmigungen gibt es nur als Ausnahmen. Inzwischen liegt der dritte Entwurf für neue Windkraft-Regionalpläne vor. Die Landesregierung hofft, dass der Landtag die Pläne im Oktober/November 2020 beschließen kann und das Moratorium dann aufgehoben wird. Hrach verwies darauf, dass bis 2025 rund 1000 Anlagen aus der EEG-Vergütung fallen. Es sei ökonomisch wie ökologisch sinnvoll, diese zu repowern, soweit dies vor Ort möglich sei. Laut Hrach werden mehrere Hundert Megawatt an Kapazität in diesem Zeitraum zurückgebaut werden, was einen zusätzlichen Neubaubedarf bedeute.

Zur Krise der Windkraft in Deutschland sagte Hrach: "Natürlich kann die Branche nicht mehr viele solcher Jahre wie zuletzt vertragen." Das zeigten die bereits 40.000 Arbeitsplätze, die in den vergangenen
Jahren wegen der "verfehlten Energiepolitik des Bundes" abgebaut wurden. "Noch lebt sie aber, hat rund 100.000 verbliebene Arbeitsplätze und sorgt dafür, dass die Windenergie heute schon die
wichtigste Energiequelle im Stromsektor ist", sagte Hrach.

Vor allem aber stehe sie technologisch längst bereit, die nächste Phase der Energiewende einzuläuten und mit ihrer Technologie eine führende Rolle auf dem Weltmarkt einzunehmen. Nicht nur beim eigentlichen Windenergieanlagenbau, sondern auch beim Bau der Technologie, die es benötige, um zukünftig auch durch Windenergie Wärme für Häuser, Strom für E-Autos und Wasserstoff für die Mobilität und industrielle Prozesse erneuerbar herzustellen.

Auf die Frage, was die Politik dafür liefern müsse, antwortete Hrach: "Die Branche braucht einen verlässlichen Ausbaupfad, der sich an den Zielen der deutschen, europäischen und globalen Energiewende orientiert." Hierfür brauche es ein bundesweites Mengengerüst von 5000 Megawatt netto jährlich für die Windenergie und eine entsprechende Flächenkulisse. In jedem Bundesland müssen mindestens 2 Prozent der jeweiligen Landesfläche für die Nutzung durch Windenergie ausgewiesen werden. Schleswig-Holstein plant mit 2,02 Prozent. Außerdem müsse der Artenschutz im Einklang mit Windenergie sachgerecht angewendet werden. Und die Abstände von Anlagen zu Wohnorten sollten auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes entschieden werden statt pauschaler Abstandsregelungen. Zudem müssten Genehmigungsverfahren beschleunigt sowie Windenergie und Luftverkehr sachgerecht in Einklang gebracht werden. Außerdem forderte Hrach, die Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Genehmigungsbescheide zu verkürzen.

Schleswig-Holsteins Minister für Energiewende, Jan Philipp Albrecht (Grüne), soll sich laut Windkraft-Branchenverband daran messen lassen, ob sie substanziell etwas für den Klimaschutz tut.

(Bild: Umweltministerium SH / Frank Peter)

Die Landesregierung wird sich nach den Worten Hrachs daran messen lassen müssen, "ob in ihrer Regierungszeit im Land substanziell etwas für den Klimaschutz getan wurde und ob sie ihre Ziele erreicht hat. Die vielen sehr guten Bundesratsinitiativen werden nicht reichen, wenn während der fünf Jahre der Ausbau der Windenergie zum Erliegen gekommen ist und somit die eigenen Ausbauziele verfehlt werden.» Die lobenswerten Wasserstoffstrategien im Bund und im Land ergäben nur Sinn, wenn der Strom hierfür erneuerbar erzeugt werde. Dieser zusätzliche Bedarf erfordere noch mehr erneuerbare Erzeugungskapazitäten. "Die Initiativen hierfür fehlen bisher im Bund wie im Land. Daher erwartet die Branche für das Jahr 2020 eine diesen Zielen entsprechende Anzahl von Genehmigungen und einen sichtbaren Einsatz dafür, dass die in den letzten Jahren zahlreich hinzugekommenen Genehmigungshemmnisse ausgeräumt werden." (it)