Post aus Japan: Smartphone-Schulung für Japans Nachwuchs

Nippons Mobilnetzbetreiber wollen beweisen, dass Kinder ihre Handys auch sicher und ohne bleibende Schäden verwenden können.

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Post aus Japan: Smartphone-Schulung für Japans Nachwuchs

(Bild: Farknot Architect/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Wohlwollend könnte man es einen pragmatischen Akt gesellschaftlicher Verantwortung nennen, weniger wohlgesinnt ein pädagogisches Feigenblatt eines Techno-Drogendealers: Mehrere japanische Mobilnetzbetreiber wollen Kinder in der sicheren Nutzung von Smartphones unterrichten. NTT Docomo und KDDI haben dafür Kurse entwickelt, Softbanks Discountnetz Y-Mobile gar ein "Zertifikat" für Handyanfänger.

Japans größter Anbieter Docomo bezieht vom Grundschul- und Mittelschulkind, über Oberschüler, Lehrer und Eltern die gesamte pädagogische Wertschöpfungskette in sein Ausbildungsprogramm ein. Dabei werden die jungen Anfänger von speziell geschulten Mitarbeitern belehrt, die älteren Semester standesgemäß per App. KDDI ist ebenfalls an Schulen aktiv.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Y-Mobile versucht derweil, Jung und Eltern mit einem Quiz die sichere Nutzung der mobilen Kommunikations- und Spielplattformen beizubringen. Seit dem 5. Januar ist der Test online, der unter anderem für Fragen des Cybermobbings und Fake News sensibilisieren soll. Ein Ziel ist, dass die Nutzer am Ende bewusst eigene Regeln für die Smartphonenutzung entwickeln.

Sicher tun diese Schulungen Not. Immerhin grassiert die Handynutzung im Kindesalter. 2010 hatte laut einer Untersuchung der Regierung nur jeder fünfte Grundschüler ein Smartphone. Nun sind es schon die Hälfte. Bei Mittelschülern ist die Rate von 50 auf 69 Prozent angestiegen.

Zuerst trieben vielleicht das Sicherheitsbedürfnis der Eltern und der Coolness-Faktor bei Kids die Verbreitung, dann der psychologische Sog der Technik und der übliche Druck, nicht zur Minderheit der uncoolen Kinder zu gehören. Zudem fördern allerdings die Mobilnetzbetreiber den Trend durch preiswertere Verträge für Kinder und Jugendliche in der Ausbildung.

Die sozialen Folgen bleiben daher nicht aus. Auch in Japan wird über Smartphonesucht diskutiert. Im nicht weniger technikaffinen Südkorea, das noch höhere Nutzungsraten von Mobilnetzen aufweist, ist Smartphoneabhängigkeit ein noch größeres Thema. Dort gibt es sogar Camps, in denen sich Jugendliche von Smartphones entgiften können.

Tatsächlich gibt es Hinweise, dass Südkoreaner noch mehr als andere Nationen am Display hängen. Eine Vergleichsstudie zwischen südkoreanischen und australischen Studenten hatte zum Ergebnis, dass die Asiaten mehr Zeit am Netz verbringen und mit höherer Nutzung tendenziell das Suchtpotenzial steigt und die akademische Leistung sinkt.

Eine andere Studie förderte geschlechtsspezifische Muster zutage: "Koreanische Mädchen sind mehr Mobiltelefon-Nutzung ausgesetzt und laufen daher ein höheres Risiko, Abhängigkeit und depressive Symptome zu entwickeln", fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen.

Die Forscher fordern daher bessere Methoden, exzessive Nutzung einzudämmen und die negativen psychologischen Begleiterscheinungen zu bekämpfen. Breit angelegte Schulungsprogramme sind da vielleicht ein erster Schritt, um der Sucht vorzubeugen.

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