Technik und Religion: Kein Schwein, kein Wein

Gerätehersteller bemühen sich zunehmend um Produktionsverfahren und Produkte, die mit Koran & Co. konform gehen.

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Von
  • Peter Glaser

Die Geschichte der englischen Bank, die angeblich keine Sparschweine mehr an Kinder ausgeben wollte, um die religiösen Gefühle muslimischer Kunden nicht zu verletzen, war eine Zeitungsente. Dessen ungeachtet kommen Unternehmen den konfessionellen Vorschriften möglicher Neukunden zunehmend sensibel entgegen.

Schon vor längerer Zeit haben etwa amerikanische Kühlschrankhersteller auf den Wunsch einer großen jüdischen Käuferschicht reagiert, einen versteckten Sabbat-Modus in die Geräte zu integrieren, um das Problem zu umgehen, dass immer das Licht angeht, wenn man die Kühlschranktür öffnet. Das Glühbirnchen spendet Wärme und Helligkeit, jüdische Gelehrte sehen das als "Feuer" an – das Entzünden von Feuer jedoch ist am Sabbat, von Freitag auf Samstag, verboten. Bei eingeschaltetem Sabbat-Modus bleibt es nun glaubenskonform dunkel im Kühlschrank.

Gerade haben sich die zwei größten japanischen Elektronik- und Haushaltsgerätehersteller erfolgreich um eine interessante Auszeichnung bemüht: ein Halal-Zertifikat. Halal sind alle Dinge und Tätigkeiten, die nach islamischem Recht erlaubt sind (also alles, das nicht ausdrücklich haram ist, verboten). Prominenteste Regel: kein Schwein, kein Wein – alles, was mit Schwein zu tun hat und alles Berauschende, zuvörderst Alkohol, ist haram. Um auch auf dem zügig wachsenden muslimischen Markt in Asien Fuß zu fassen, passen die Firmen Panasonic und Sharp nun ihre ersten lebensmittelnahen Produkte den islamischen Speisevorschriften an. Um belegen zu können, dass dabei mit größter Sorgfalt verfahren wird, kann man sich von darauf spezialisierten Organisationen – in Deutschland beispielsweise der World Halal Union oder m-haditec – ein Halal-Zertifikat ausstellen lassen. Weltweit sollen mehr als 200 Halal-Zertifizierungsorganisationen existieren, es gibt jedoch keine einheitlichen Standards für die Zertifizierung.

Um bescheinigt zu bekommen, dass es die geforderten strengen Standards erfüllt, muß ein Unternehmen Screenings absolvieren. Als Panasonic in seinem Werk im japanischen Hikone eine Halal-Produktionslinie für seine Wasserreiniger einführte, wurden nicht nur die bei der Produktion verwendeten Handschuhe (Schweinsleder?) und Bürsten (Schweineborsten?) untersucht. Die Mitarbeiter sind nun auch aufgefordert, sich sieben Mal am Tag die Hände zu waschen, dabei Halal-Seife zu verwenden und keine Armbanduhren zu tragen, um sicherzustellen, dass Spuren von Schweinefleisch oder Alkohol, mit denen sie außerhalb des Werks in Kontakt gekommen sein könnten, nicht auf die hergestellten Produkte übertragen werden. In einem sauberkeitsbewußten Land wie Japan, wo man sogar desinfizierte Büroartikel kaufen kann, sind solche Arbeitsanforderungen nichts weiter Ungewöhnliches.

Die Panasonic-Geräte sind für den malaysischen Markt bestimmt. Zwei Drittel der Bevölkerung sind Muslime, und die Verbraucher vor Ort sind gesundheitsbewusster geworden. Panasonic erzielt unter der nichtmuslimischen Bevölkerung Malaysias bereits gute Umsätze und hofft, durch die religiöse Optimierung seiner Produkte den Umsatz in Malaysia innerhalb von fünf Jahren verdoppeln zu können. Sharp hat seine Kühlschränke zertifizieren lassen, die für Verbraucher in Indonesien produziert werden, wo 90 Prozent der Bevölkerung Muslime sind. "Die Halal-Zertifizierung", so ein Firmensprecher, "bietet Verbrauchern einen weiteren Grund, sich für unseren Kühlschrank zu entscheiden".

(bsc)