Preiswerte Aktivitätstracker ohne Account-Zwang

Wem Fitbit und Konsorten zu teuer sind, findet im Netz Dutzende Aktivitätstracker zwischen 20 und 40 Euro. Hinter diversen Markennamen verbergen sich identische Geräte.

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Sieben Aktivitätstracker für schmales Geld
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen
Inhaltsverzeichnis

Sucht man auf Amazon nach den Suchbegriffen „Aktivitätstracker“ oder „Fitnesstracker“, ploppen als erste Treffer Produkte von Herstellern auf, von denen wahrscheinlich die wenigsten jemals gehört haben: Yamay, Inskondon, Letsfit und Lintelek zum Beispiel. Gemeinsam haben sie nicht nur Preise zwischen 20 und 40 Euro, sondern auch das Aussehen. Wir haben sieben solcher Geräte besorgt und getestet: vier Tracker mit Farbdisplay von Chereeki, EFO, Winisok und Yamay und drei Tracker mit Monochrom-Bildschirm von Antimi, Willful und Yamay.

Schon das Verpackungsdesign bestätigt unsere Vermutung: Einige der Boxen sehen komplett gleich aus, es ist lediglich ein anderer Markenname aufgedruckt. Und auch die Gehäuse der sieben Tracker ähneln sich frappierend. Vor allem: Jedes der Geräte sammelt die Messergebnisse mithilfe derselben App: VeryFitPro.

Der Unterschied zwischen Monochrom- und Farbdisplay ist nicht sonderlich groß.

Die App zeigt auch die echte Bezeichnung der Tracker an. Bei den drei Monochrom-Trackern handelt es sich um den „ID115Plus HR“, die Geräte mit Farbdisplay heißen „ID115Pro“, „ID115Plus Color HR“ und „ID130Plus Color HR“, wobei wir bei den letzten beiden keinerlei Unterschiede feststellen konnten. Der ID115Pro hat lediglich ein leicht anderes Zifferblattdesign, ist aber ansonsten identisch zu den anderen Geräten mit Farbdisplay.

Die Geräte sind im Netz allgegenwärtig – sucht man auf der chinesischen Handelsplattform Alibaba nach „ID115“, findet man über 3000 Einträge unterschiedlicher Unternehmen. Entwickelt wurden die Geräte offenbar von der Firma Shenzhen DO Intelligent Technology Co., die auch für die VeryFitPro-App verantwortlich zeigt.

Trotz unterschiedlicher Typbezeichnungen bieten die Tracker alle die gleichen Funktionen: Sie zählen Schritte, messen den Puls, überwachen den Schlaf und loggen Trainingseinheiten. Direkt am Tracker lassen sich Uhrzeit und Datum sowie die Schrittzahl anzeigen, außerdem auf Wunsch die Benachrichtigungen unterstützter Apps (unter anderem WhatsApp, Facebook Messenger, SMS und Mail). Auch Anrufe werden auf Wunsch mit Vibration gemeldet. Interagieren – also zum Beispiel antworten – kann man mit den Benachrichtigungen nicht. Der Schrittzähl-Algorithmus arbeitete in unseren Tests etwas zu konservativ und zeigte stets etwas weniger Schritte an als die im Kopf mitgezählten.

Schon die Verpackungen deuten darauf hin, dass viele Tracker aus der gleichen Fabrik stammen.

Für die Anzeige der Schlafdaten benötigt man die App, hier kann man sich neben der ermittelten Gesamtschlafzeit auch die Zeiten für Leichtschlaf, Tiefschlaf und Wachphasen anschauen. Außerdem weckt das Armband auf Wunsch per Vibration.

Den Herzfrequenzverlauf zeigt die App nur bei manuell getrackten Trainings an, ohne geloggte Trainingseinheiten gibt es pro Tag nur jeweils einen Wert für Ruhepuls, Durchschnittspuls und Maximalpuls. Direkt am Gerät kann man sich nur den aktuellen Puls-Messwert anzeigen lassen. Die Messgenauigkeit der Herzfrequenz ist nicht sonderlich gut, zudem zeigen die Geräte manchmal auch bei abgelegtem Band Fantasie-Pulswerte an.

Schade: Medienplayer-Apps kann man mit den Trackern nicht steuern. Dafür gibt es eine mäßig sinnvolle Kamerafernauslöser-Funktion: Mit der Option „Kameraaufnahme“ in der VeryFitPro-App lassen sich per Tipp aufs Armband Fotos schießen. Allerdings klappt das nur mit der in VeryFitPro eingebauten Kamera-App – die Standard-Kamera-Apps der verwendeten Mobilgeräte werden nicht unterstützt.

Gut gefallen hat uns die lange Akkulaufzeit: Sogar mit aktivierter Herzfrequenzmessung hielten die Tracker mindestens fünf Tage lang durch, ohne sogar über eine Woche. Sehr praktisch ist auch, dass man kein proprietäres Ladekabel benötigt, sondern einfach eine Seite des Armbands abzieht und den Tracker dann direkt in eine USB-Buchse steckt.

Praktisch: Zum Aufladen steckt man die Tracker einfach in eine USB-Buchse.

Die Software ist für Android und iOS erhältlich, beide Software-Varianten fallen durch eine dubiose deutsche Übersetzung auf – so ist der Dialog mit den Datenschutzhinweisen mit „Heiße Spitzen“ überschrieben. Ansonsten versteht man aber stets, was die App mitteilen will. Gut gefallen hat uns, dass das Programm keinerlei Anmeldung erfordert, sie läuft ohne vorherige Account-Erstellung – allerdings sind die gespeicherten Fitnessdaten beim Handywechsel futsch. Wer einen Account erstellt, kann die Messdaten auf dem Herstellerserver speichern, außerdem erlaubt die App nach der Anmeldung das Vergleichen mit Bekannten.

Die VeryFitPro-App benötigt viele Berechtigungen, unter anderem kann sie SMS und Anrufnummern auslesen. Das ist notwendig für die Benachrichtigungsfunktionen, es ist aber nicht sauber nachvollziehbar, welche Daten wohin übertragen und wie gespeichert werden. Der Tracker ist zwar auch komplett ohne Smartphone-Kopplung nutzbar, zeigt dann aber ein falsches Datum und vor allem eine falsche Uhrzeit an. Wer auf Nummer sicher gehen will, installiert VeryFitPro, deaktiviert auf dem Mobilgerät WLAN und mobiles Internet, koppelt das Band einmal und löscht die App dann wieder.

Wer lediglich einen Schrittzähler mit Uhrzeit- und Benachrichtigungsanzeige benötigt, ist mit den günstigen Trackern gut bedient. Für rund 30 Euro bekommt man allerdings auch ein Mi Band 4 von Xiaomi, das mehr Funktionen wie Medienplayer-Steuerung und einen besseren Pulssensor bietet. Allerdings muss man für die Nutzung des Mi Band einen Account erstellen – die getesteten Tracker dagegen laufen auch prima ohne Account und gekoppeltem Smartphone.


Dieser Artikel stammt aus c't 3/2020.
(jkj)