Virales TikTok-Video: Mit der Hilfe von Freiwilligen gegen Impfgegner

Eine US-Kinderärztin konnte nur dank fleißigen Freiwilligen koordinierte Angriffe von Impfgegnern gegen ein virales Video abwehren. Von Facebook kam nichts.

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Virales TikTok-Video: Mit der Hilfe von Freiwilligen gegen Impfgegner

(Bild: @drnicolebaldwin)

Lesezeit: 3 Min.

Nur dank der Hilfe von freiwilligen Moderatoren konnte eine Kinderärztin aus den USA vergangene Woche eine Onlinekampagne von Impfgegnern abwehren. Von den Plattformen wie Facebook gab es dagegen wieder einmal wenig Hilfe, wie der Cincinnati Enquirer berichtet. Dabei hatten die Betreiber des sozialen Netzwerks vergangenes Jahr angekündigt, stärker gegen Impfgegner vorgehen zu wollen. Renee DiResta vom Stanford Internet Observatory der Stanford University sieht in dem Geschehen nun einen weiteren Nachweis für ein Problem, das von Facebook seit Jahren heruntergespielt werde: Während Freiwillige wertvolle Zeit nutzen müssen, um Onlineangriffe abzuwehren, setze Facebook keine Vorschläge um, mit denen derartige Kampagnen eingedämmt werden könnten.

Auslöser der offenbar organisierten Angriffe war ein kurzes TikTok-Video, in dem die Kinderärztin Nicole Baldwin aus Cincinnati zur musikalischen Untermalung aufzählt, welche Krankheiten durch Impfungen verhindert werden können – und versichert, dass Impfungen nicht für Autismus verantwortlich seien. Das Video war dann Hunderttausende Male angesehen, nicht nur auf TikTok, sondern auch auf Twitter und Facebook. Laut Cincinnati Enquirer fanden sich schließlich immer mehr Impfgegner unter diesen Beiträgen, drohten Baldwin und koordinierten sich, um die Bewertungen ihrer Praxis auf Google oder Yelp negativ zu beeinflussen. "Es ist beängstigend", sagte Baldwin der US-Zeitung. Weil sie eine andere Meinung hätten, würden diese Menschen ihre Existenzgrundlage angreifen.

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Zur Hilfe sei der Kinderärztin schließlich eine Organisation namens "Shots Heard Round the World" gekommen, deren Ziel es ist, global koordinierte Angriffe von Impfgegnern zu parieren. Die Angriffe auf Baldwin seien die größten gewesen, die die Organisation seit Beginn ihres Bestehens vergangenen September beobachtet hätte. Insgesamt elf Freiwillige haben demnach die Seiten von Baldwins Praxis im Auge behalten und die Verbreitung unwahrer Behauptungen über Impfungen unterbunden. Innerhalb weniger Tage blockierten sie demnach über 5000 Accounts und hätten erreicht, dass die Angriffe in der Praxis ein Ende nahmen. Auch die Google-Bewertungen hätten sie entfernen lassen.

Von Facebook gab es dabei aber offenbar keine Hilfe, dabei gibt es durchaus Vorschläge, wie DiResta aufzählt: So könnten teilbare Blockerlisten helfen, derartige Kampagnen im Keim zu ersticken. Vorstellbar sei auch, dass – eventuell vorübergehend – alle Accounts blockiert werden können, die Mitglied einer bestimmten Facebook-Gruppe sind oder einer Seite folgen, die zu solchen koordinierten Angriffen aufruft. Es sei peinlich für Facebook, wie schlecht die Moderationswerkzeuge seien und, dass Menschen wichtige Aufgaben links liegen lassen müssten, um derartige Kampagnen abzuwehren. Baldwin jedenfalls will sich nicht einschüchtern lassen.

Impfgegner sorgen seit Monaten für immer mehr Diskussionen, weil immer deutlicher wird, welche gefährlichen Folgen, ihre längst widerlegten Behauptungen haben. So gab es in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres weltweit so viele Erkrankungen mit Masern wie zuletzt 2006, obwohl der Sieg über die Krankheit in Reichweite schien. Einer wachsenden Impfskepsis in Europa und den USA wegen der Verbreitung falscher Behauptungen zu Gefahren durch Impfungen wird eine Mitschuld an dieser Entwicklung zugeschrieben. (mho)