Weltweit Internet mit nur vier Satelliten?

Um den ganzen Globus mit Internetzugang abzudecken, würden theoretisch vier Satelliten ausreichen. Eine Forschergruppe hat jetzt berechnet, dass das tatsächlich funktioniert – mit ein paar Einschränkungen.

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Weltweit Internet mit nur vier Satelliten?

(Bild: Pixabay)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Neel V. Patel
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SpaceX und andere Unternehmen arbeiten in Projekten wie Starlink derzeit an großen Satelliten-Konstellationen, die globalen Internetzugang ermöglichen sollen. Dabei wäre derart viel Aufwand gar nicht nötig: Seit den 1980er Jahren ist bekannt, dass schon vier Satelliten in deutlich größerer Höhe ausreichen würden, um die gesamte Welt mit Internet abzudecken. Allerdings muss man sich dann mit nicht gaming-tauglichen Geschwindigkeiten und Verzögerungen von einer halbe Sekunde abfinden.

Trotzdem bieten Unternehmen wie HughesNet und ViaSat, die weltweit größten Anbieter von Internet über Satelliten in der nötigen Höhe, bislang bei weitem keine globale Abdeckung. Auch andere Satelliten-Netze für Fernerkundung und Navigationsdienste arbeiten nicht annähernd auf der ganzen Welt. Was sind die Gründe dafür?

Die wichtigste Hürde liegt, wie zu erwarten, in den Kosten. Unterschiedliche Faktoren tragen dazu bei, dass die Umlaufbahn von Satelliten nicht perfekt ist. Zu ihnen zählen natürlicher Luftwiderstand, Störungen im Gravitationsfeld der Erde, die Anziehungskraft von Sonne und Mond und selbst Druck durch Solarstrahlung. Um die Umlaufbahn durchgehend zu stabilisieren, sind große Mengen Treibstoff in einem Satelliten erforderlich – die das Gewicht meist verdoppeln. Die Kosten für Produktion, Start und Betrieb würden dadurch schlicht zu hoch.

Jetzt aber haben Ingenieure bei The Aerospace Corporation in der Fachzeitschrift Nature Communications einen neuen Ansatz vorgestellt, der die schädlichen Faktoren zu einer Hilfe für das Einhalten der Umlaufbahn machen könnte. Wenn er funktioniert, könnten tatsächlich vier Satelliten ausreichen, um günstig eine weltweite Internet-Abdeckung zu realisieren.

Derzeit sind die Umlaufbahnen solcher Satelliten elliptisch. Bei der größten Annäherung an die Erde müssen sie also ihre Triebwerke nutzen, um nicht aus der Bahn zu geraten. Patrick Reed von der Cornell University und Kollegen wollen die Bahnen jetzt kreisförmiger gestalten, sodass die Satelliten mit weniger Anschub-Manövern und somit weniger Treibstoff auskommen. Trotzdem sollen diese Satelliten weiter eine annähernd globale Abdeckung ermöglichen.

Mit Simulationen hat das Team untersucht, welche Konfigurationen am ehesten dabei helfen könnte, die bisherigen Störfaktoren zur Stabilisierung einer Kreis-Umlaufbahn zu nutzen. Die Berechnungen auf dem Supercomputer Blue Waters der University of Illinois betrafen Konstellationen aus vier Satelliten, die mindestens 6.000 Tage (16,4 Jahre) in einer Umlaufbahn blieben.

Dabei fanden sich zwei Modelle, die funktionieren könnten. Bei einem davon wird die Umlaufbahn in einer Höhe von 22.000 Meilen in einem Zeitraum von 24 Stunden beendet; damit ließen sich 86 Prozent kontinuierliche Abdeckung des Globus erreichen. Bei dem zweiten dauert eine Bahn 48 Stunden in 42.000 Meilen Höhe, was für 95 Prozent Abdeckung reichen soll. Zeitweise nicht abgedeckte Regionen müssten mit maximal 80 Minuten Internet-Ausfall am Tag rechnen.

Natürlich wäre die Geschwindigkeit der Verbindungen niedriger, weil die Signale von einer viel höheren Umlaufbahn kommen. "Doch für die meisten Datensysteme wäre eine Verzögerung von einer zusätzlichen Viertelsekunde kaum zu bemerken, weil es viele andere Verzögerungen in Computern und Datennetzen gibt", erklärt Roger Rusch, President der Telecom-Beratungsfirma TelAstra.

Bei den neuen Systemen würden die Satelliten je 1,2 Tonnen wiegen und über die 6.000 Tage im All rund 60 Prozent weniger Treibstoff benötigen als bei konventionellen Konfigurationen; dadurch wären sie mehr als 50 Prozent leichter, was auch Produktion und Starts vereinfachen würde. Außerdem könnte so mehr Raum für bessere Instrumente und Systeme zur Stromerzeugung bleiben (Satelliten in großer Höhe brauchen mehr Energie, um Signale bis zur Erde zu schicken).

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Allerdings sehen nicht alle Experten das Konzept so optimistisch wie Rusch. Systeme in erdnäheren Umlaufbahnen hätten immer noch wichtige Vorteile, sagt Anton Dolgopolov, Analyst beim Dienstleisters Bryce Space and Technology. Zum Beispiel seien sie besser für Internet-Abdeckung in der Nähe der Pole geeignet. Außerdem würde es bei einem Netz aus hunderten oder tausenden Satelliten weniger ins Gewicht fallen, wenn einer davon nicht gestartet werden kann oder nicht richtig funktioniert. Und Satelliten in Erdnähe seien viel schneller zu ersetzen.

(jle)