Through the Darkest of Times durchgespielt: Schmerzhafte Geschichtsstunde

Das Rundenstrategiespiel Through the Darkest of Times schildert auf beeindruckende Weise den Widerstandskampf gegen den Naziterror des Dritten Reichs.

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Through the Darkest of Times durchgespielt: Schmerzhafte Geschichtsstunde

(Bild: Paintbucket Games)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Müller

Naziterror, Hakenkreuze und Konzentrationslager – darf man sowas überhaupt spielen? Das deutsche Indie-Studio Paintbucket Games sagt ein kräftiges "Ja!" und hat dafür den deutschen Entwicklerpreis als Bestes Studio eingeheimst. Selbst die USK gab ihr Ok zur Darstellung verfassungsfeindlicher Symbole gemäß der Sozialadäquanzklausel.

Anstatt Pappaufsteller-Nazis einfach wegzuballern oder die Geschichte rührselig zu melodramatisieren, schildern die Entwickler den nahezu aussichtslosen Kampf einer kleinen Widerstandsgruppe in der düstersten Epoche der deutschen Geschichte – schonungslos, sensibel und schmerzhaft.

Das Spiel erzählt die Geschichte einer fiktiven Widerstandsgruppe, die ähnlich wie die "Weiße Rose" im Dritten Reich gegen die Nazis kämpft. Während anfangs noch harmlose Aktionen wie das Verteilen von Flugblättern im Vordergrund stehen, greift die Gruppe später auch auf Terroraktionen zurück und sabotiert Flugabwehrgeschütze oder verübt Sprengstoffattentate im Berlin der Jahre 1933 bis 1945. Dazwischen spionieren die Widerständler Nazis aus und liefern wichtige Informationen an die Spione der Alliierten.

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Wie in einem Rundenstrategiespiel üblich, plant der Spieler zunächst die Aktionen seiner maximal fünf zufällig generierten Widerständler und schickt sie dann per Mausklick zum Missionsort. Mehr muss der Spieler nicht machen – das Ergebnis wird ausgewürfelt und hängt von Charakterfähigkeiten wie Propaganda, Stärke oder Geheimhaltung ab. Auch Items wie ein Fahrrad für die Flucht oder eine Uniform zur Verkleidung können den Ausschlag geben. Nach einigen erfolgreichen Aufträgen können die Widerständler wie in einem Rollenspiel ihre Fähigkeiten verbessern.

Schon nach kurzer Zeit wird klar, dass der Erfolg von der Balance zwischen Risiko, zahlungskräftigen Unterstützern und der Moral der Gruppe abhängt: Geht letztere in den Keller, löst sich das Team auf. Eine ständige Gefahr ist auch die Gestapo, die jeden Schritt in der Stadt überwacht. Wer nicht aufpasst, landet schnell im Knast und wird gefoltert erschossen. Insbesondere im höchsten der beiden Schwierigkeitsgrade wird das zu einer Herkulesaufgabe, da die ständige Geldnot und die sinkende Moral die Gruppe oft zerbrechen lässt. Was folgt, ist der zufällig generierte Epilog, der das meist düstere Schicksal der Widerständler schildert. Im leichteren Spielmodus Erzählung ist das Scheitern dagegen nahezu unmöglich.

Through the Darkest of Times durchgespielt (5 Bilder)

Through the Darkest of Times schildern den nahezu aussichtslosen Kampf aufrichtiger Widerständler gegen das Nazi-Regime. (Bild: Paintbucket Games)

Paintbucket inszeniert in düsteren Farben keine Highscore- oder Achievement-Jagd, bei der Gaming-Skills über den Erfolg entscheiden. Stattdessen werden die Gräuel des Naziregimes sensibel und faktenkundig erzählt. Spielen heißt hier ganz bestimmt nicht Spaß haben, sondern erinnern, mitfühlen und demütig sich seiner nationalen Vergangenheit stellen. Die Entwickler, die früher teilweise auch an dem Anti-Kriegsshooter Spec-ops The Line mitarbeiteten, sind sich der Schwere und Verantwortung des Themas bewusst.

In den Zwischensequenzen, wenn es nicht um den Widerstand geht, nimmt es sich Zeit für die historischen Hintergründe, die Mittäter in der Bevölkerung und das unglaubliche Leid, das die Nazis mit ihrem Terrorregime über die Welt brachten. Wir beobachten fassungslos, wie Nazis Bücher verbrennen, diskutieren mit dem fanatischen Sohn des Nachbarn und sehen tatenlos zu, wie Militär und Gestapo Juden deportieren. Bei all unseren Aktionen sind wir bestenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein, der vielleicht die Nazis etwas aufhält, aber den Terror nicht besiegen kann – eine düstere und deprimierende Erkenntnis.

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Sozialadäquanzklausel

In seiner umfassenden Darstellung des Dritten Reichs ist es mit keinem anderen Spiel vergleichbar, aber dennoch: Kein Spiel kann dem Grauen der damaligen Zeit in seiner noch so sensiblen Darstellung gerecht werden. Es kann aber Teil unserer Erinnerungskultur sein, um unsere Gesellschaft vor den gleichen Fehlern zu warnen. Deshalb ist die Botschaft auch heute noch so wichtig wie damals: nicht wegsehen, Zivilcourage zeigen, agieren. In einer Zeit, in der geschichtsvergessende Populisten vom Dritten Reich als "Vogelschiss" reden, Nazis Politiker in Deutschlands ermorden und der alltägliche Rassismus wieder auflebt, ist Through the Darkest of Times das richtige Spiel zu richtigen Zeit. Wann, wenn nicht jetzt?

Through the Darkest of Times ist am 30. Januar für Windows und macOS als Download erschienen. Es kostet ca. 15 €. USK ab 12. (dahe)