Spionage-Satellit gegen Spionage-Satellit

Ein russischer "Inspektor"-Satellit soll einen US-amerikanischen verfolgen. Diese Art von Spionage-Beobachtung im Weltall ist offenbar nicht unüblich – und auch nicht verboten.

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Spionage-Satellit gegen Spionage-Satellit

Illustration eines US-Militärsatelliten, DMSP Block-5D2.

(Bild: US Air Force)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Neel V. Patel

Am 20. Januar geschah in einer Erdumlaufbahn etwas Merkwürdiges. Ein russischer Spionage-Satellit manövrierte plötzlich so, dass er nah einem US-amerikanischen folgte. Das Duo ist jetzt rund 300 Kilometer entfernt voneinander – im Weltall ein Katzensprung. Noch ist nicht klar, was genau sich dort abspielte. Doch das Verhalten des russischen Satelliten spricht sehr dafür, dass er den US-Satelliten ausspionieren soll – und die USA können kaum etwas dagegen tun.

Die offizielle Erklärung Russlands lautet, Kosmos 2542 sei Teil eines Programms für Technologien zur "Inspektion", mit dem das Land seine eigenen Satelliten beobachten will. Ein Eltern-Satellit solle in der Nähe einen Sub-Satelliten aussetzen und sich ihm dann annähern und Bilder machen.

Doch diese Darstellung wird von keinem aktuellen Manöver von Kosmos 2542 als dem Eltern-Satelliten oder einem Sub-Satelliten unterstützt. Das jedenfalls sagt Michael Thompson, ein Doktorand in Astrodynamik an der Purdue University, der auf Twitter als Erster über Kosmos 2542 berichtete.

Die Synchronisierung des Eltern-Satelliten mit seinem US-Pendant USA 245 (der zwischen 171 und 630 Meilen in einer niedrigen Erdumlaufbahn kreist) sei ungewöhnlich eng, und der Sub-Satellit scheine keine echte Funktion zu haben, meint Thompson.

Auch Thomas Roberts, ein ehemaliger Luftfahrt-Fellow am Center for Strategic and International Studies (CSIS), ist der Meinung, dass Kosmos 2542 den US-Satelliten USA 245 gezielt beschattet. "Sachen in niedrigen Umlaufbahnen bewegen sich, aber wertvollen Treibstoff zu verbrauchen, um sich mit perfektem Blick auf einen anderen Satelliten zu positionieren, kommt mir absolut unnormal vor", sagt er. "Das ist kein Zufall."

Laut Todd Harrison, Leiter des Aerospace Security Project am CSIS, können Inspektor-Satelliten exakt erkennen, welche Ziele auf der Erde von ihrem Ziel anvisiert werden. Die Fähigkeiten von Kosmos 2542 sind nicht genau bekannt, aber Harrison spekuliert, er könne die Blenden und Auflösung der Kameras an Bord von USA 245 bestimmen. Wenn er auch eine Radiofrequenz-Antenne hat, könnte er zudem auf leise Signale lauschen, die verraten, welche Rechenprozesse in dem US-Satelliten laufen, wann er aktiv ist und wann er Aufnahmen macht.

Tatsächlich zeigt Russland solche Tricks seit mittlerweile zehn Jahren. Der bekannte Fall ist sein berüchtigter Satellit Luch, der immer wieder die Position veränderte und sich neben anderen Satelliten im geostationären Orbit parkte, was für Irritationen in der internationalen Gemeinschaft sorgte.

Aber die Russen sind nicht allein. Als erstes Beispiel für Inspektor-Satelliten nennt Brian Weeden, Raumfahrtexperte bei der Secure World Foundation, einen amerikanischen Satelliten namens Power, gestartet 1990 und von den USA nie bestätigt. Dem Anschein nach sollte er sich anderen Satelliten im geostationären Orbit nähern und sie überwachen. Und verschiedene chinesische Satelliten seit dem Start von SJ-12 im Jahr 2010 sprechen dafür, dass China ein ähnliches Programm betreibt. "Das ist keine rein russische Sache", sagt Weeden. "Es kommt nicht jeden Tag vor, aber China, die USA und andere haben im Lauf der Zeit Tests damit gemacht."

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Regeln über derart nahe Annäherungen gibt es nicht, also bricht Russland keine Gesetze. "Man darf so nah kommen, wie man will, so lange man den anderen Satelliten nicht berührt oder stört", sagt Weeden. Die USA können nicht viel tun, außer ihren Satelliten in eine neue Orbitalposition zu bringen, doch selbst ein kleines Manöver kostet wertvollen Treibstoff. Und der russische Satellit könnte ihm dann immer noch einfach folgen.

Der jüngste Vorfall ist sicher beunruhigend. Aber Roberts hofft, dass die Diskussionen und Reaktionen dazu nicht in alarmistischen Vorhersagen und Ängsten enden. "Wir müssen über solche Dinge auf die richtige Weise sprechen", sagt der frühere CSIS-Fellow. Nicht jedes verdächtige Verhalten sei auch bösartig.

(sma)