Biotech: Ab jetzt macht Tabak gesund

Das Coronavirus zeigt, wie wichtig rasch verfügbare Antikörper oder Impfstoffe sind. Nun sollen derartige Medikamente in Pflanzen wachsen – das soll schneller gehen und günstiger sein.

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Biotech: Ab jetzt macht Tabak gesund

Künftig soll Tabak Impfstoffe herstellen – allerdings im ­Gewächshaus und nicht im ­Freiland.

(Bild: Shutterstock)

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Wenn es nach Julia Jansing geht, stammen Medikamente bald aus dem Gewächshaus. Es braucht keine empfindlichen Zelllinien oder Fermenter voller Bakterien – sondern Pflanzen wie Tabak. In ihnen sieht Jansing, die am Aachen-Maastricht Institute for Biobased Materials forscht, künftig in großem Maßstab humane Antikörper gegen Ebola, Krebs oder Impfstoffe gegen plötzlich auftretende Viren wachsen. Für die Medizin könnten solche Pflanzensysteme in Zukunft ein Turbo für den Notfall sein – etwa um schnell Anti­körper oder Impfstoffe gegen neu aufkommende Krankheitserreger bereitzustellen. Ein Kilogramm Tabakblätter kann ­mehrere Gramm eines Medikaments innerhalb weniger Tage herstellen. Wenn eine neue Infektionskrankheit ausbricht, wie beispielsweise das gerade grassierende Coronavirus aus ­Wuhan, wäre dieses Tempo ein Segen.

Bisher stellt die Pharmaindustrie Biologika – Medikamente wie Insulin, Grippeimpfstoffe oder therapeutische Antikörper gegen Infektionen oder Krebs – in bakteriellen oder tierischen Systemen her. Das Insulin produzieren genetisch veränderte E.-coli-Bakterien in gigantischen Stahltanks. Therapeutische Antikörper liefern Zelllinien, die ursprünglich aus chinesischen Zwerghamstern stammen. Für die Grippeimpfsaison werden jedes Jahr bis zu 500 Millionen Hühnereier benötigt.

Diese Systeme funktionieren gut, tierische Zellen sind allerdings langsam. Kennt man den Antikörper, vergehen noch einmal fünf bis sechs Monate, bis er tatsächlich bereitgestellt werden kann. Es dauert seine Zeit, bis die genetische Information in geeignete Bakterien oder Tierzellen übertragen ist und diese Bakterien genug Antikörper produzieren. "Viel schneller geht es, wenn wir Pflanzen für die Produktion von Antikörpern einsetzen", sagt Jansing. "Damit benötigen wir nur etwa zwei bis drei Monate von der Gensequenz, bis wir ihn in Händen halten."

(rot)