Zahlen, bitte! Lange die Nummer 9 und dann nicht mehr – der Pluto

Vor genau 90 Jahren wurde der Pluto entdeckt. Der entscheidend beteiligte Astronom war zu dem Zeitpunkt bereits seit Jahren tot.

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Zahlen, bitte! Lange die Nummer 9 und dann nicht mehr – der Pluto
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Auf den Tag genau vor 90 Jahren entdeckte der Astronom Clyde W. Tombaugh am Lowell-Observatorium in Flagstaff (Arizona, USA) auf Fotografien einen neunten Planeten im Sonnensystem: Pluto. Über den Vergleich von Hunderten von Fotoplatten war Tombaugh auf Aufnahmen vom 23. und 29. Januar 1930 unter zahlreichen Fixsternen fündig geworden.

Damit hatte er bestätigt, was der Begründer des Observatoriums 25 Jahre zuvor vorhergesagt hatte: Percival Lowell war überzeugt, dass die Bahnen von Neptun und Uranus durch einen weiteren Planeten beeinflusst werden und hatte für den einen Durchmesser von mindestens 50.000 Kilometern errechnet.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Percival Lowell an seinem Observatorium

Lowell hatte deswegen 1905 an seinem Teleskop mit der Suche nach dem neunten Planeten begonnen und dort gelang 1915 auch die erste Aufnahme des Himmelskörpers. Die wurde aber erst später entdeckt und so starb Lowell ein Jahr später, ohne fündig geworden zu sein. In den Jahren danach legte ein Rechtsstreit um sein Observatorium das ganz lahm; erst 1929 konnte jenes Teleskop fertiggestellt werden, das dort noch heute zu sehen ist. An dem wurde Clyde Tombaugh angestellt, der dann tatsächlich schon wenige Wochen nach Antritt seiner Stelle fündig wurde: Am 18. Februar 1930 entdeckte er den bis dato unbekannten Planeten.

Der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurde der neunte Planet nur wenig später, am 13. März und damit auf Tag genau 149 Jahre nach der Entdeckung des Uranus durch William Herschell. Gleichzeitig wäre der Tag auch der 75. Geburtstag von Percival Lowell gewesen, der die Suche begonnen hatte. Doch der hatte nicht mit allem richtig gelegen, denn Pluto war viel kleiner als prognostiziert. Er war damit gar nicht groß genug, um die beiden äußeren Gasplaneten auf ihren Bahnen zu beeinflussen. Die Bahnanomalien von Neptun und Uranus erwiesen sich Jahrzehnte später als Rechenfehler. Letztlich ist Pluto sogar so klein, dass er nur 76 Jahre lang als Planet galt und 2006 zum Zwergplaneten herabgestuft wurde.

Clyde Tombaugh

(Bild: Lowell Observatory)

Bei seiner Vorstellung am 13. März 1930 hatte Pluto auch noch keinen Namen. Der folgte erst am 1. Mai 1930 und geht auf einen Vorschlag des 11-jährigen Mädchens Venetia Burney aus England zurück. Die hatte mit der Benennung nach dem römischen Gott der Unterwelt auch Bezug auf Percival Lowell genommen, dessen Initialen den Wortanfang bilden. Auch das offizielle astronomische Symbol des Zwergplaneten besteht aus den beiden Buchstaben. Der eisige Himmelskörper am Rand des Sonnensystems befeuert seitdem die Gemüter auf der Erde: Nach ihm wurde das Element Plutonium benannt – und der Hund von Micky Maus.

Von der ursprünglich erwarteten Größe Plutos ist derweil nicht mehr viel geblieben. Hatte Lowell einen Durchmesser von 50.000 Kilometern erwartet, schrumpfte der nach der Entdeckung dank den immer besser werdenden Teleskopen zusammen. 20 Jahre später ging man bereits davon aus, dass der Pluto maximal 10.000 Kilometer maß, inzwischen wissen wir dank der NASA-Sonde New Horizons, dass es nur rund 2300 Kilometer sind. Dafür kamen im Lauf der Zeit immer mehr Begleiter hinzu, zuerst 1978 der riesige Mond Charon, 2005 schließlich noch Nix und Hydra. Noch später wurden die Monde Kerberos (2011) und Styx (2012) gefunden.

Pluto-Sonde New Horizons (67 Bilder)

Plutos Oberfläche
(Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute)

Dass Pluto 2006 seinen Status als Planet verlor, ist Folge einer Debatte unter Astronomen über die richtige Definition von Planeten. Die Unterlegenen – darunter auch Alan Stern, der die Mission von New Horizons leitet – geben sich dabei immer noch nicht geschlagen und setzen nun auch auf den 90. Geburtstag der Entdeckung. Mit der Initiative Pluto for Planet will etwa das Hamburger Planetarium den Zwerg aufwerten, um junge Forscher zu motivieren, weitere Planeten im Kuipergürtel am Rand des Sonnensystems zu suchen. Auch am Ort seiner Entdeckung, dem Lovell-Observatorium gibt es ähnliche Anstrengungen. Dort findet ein Pluto-Festival statt, auf dem sich die Fans treffen.

Der "Plutokiller" Mike Brown erkennt zwar an, dass die Definition der Internationalen Astronomischen Union "schlecht formuliert" sei, hält sie aber im Kern für richtig: "Es war mit Sicherheit eine schwierige Entscheidung für die Astronomen, aber eine absolut richtige." Darüber hinaus hält er sie für wichtig, weil sie zu guten Fragen führe, etwa zu der warum das Sonnensystem gerade acht dominante Planeten und dazu eine große Ansammlung kleinerer Objekte besitzt. Eine schlechte Klassifizierung würde nur das Verständnis vernebeln. "In unserem Sonnensystem besteht ein großer Unterschied zwischen diesen acht Körpern, ihrer Entstehung und ihren Bahnen und den vielen kleinen Himmelskörpern, die zwischen ihnen herumflitzen oder um sie kreisen", sagte er vergangenes Jahr in einem Streitgespräch mit Alan Stern. (mho)