KI-Observatorium: Arbeitsminister Heil will "Maschinen für alle"

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil fordert für Künstliche Intelligenz Regeln zum Wohl aller Beteiligten. Die technischen Vorteile müssten fair verteilt werden.

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KI-Observatorium: Arbeitsminister Heil will "Maschinen für alle"

(Bild: sdecoret/Shutterstock.com)

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Ein neues staatliches Projekt soll sicherstellen, dass Künstliche Intelligenz (KI) in Arbeitswelt und Gesellschaft verantwortungsbewusst eingesetzt wird. "Wir dürfen nicht nur entwickeln und verwerten, wir müssen auch gestalten", betonte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in Bezug auf die Schlüsseltechnik, als er am Dienstag in Berlin den Startschuss für das "Deutsche Observatorium für Künstliche Intelligenz in Arbeit und Gesellschaft" gab. Die Institution solle als "Kartograph" neuer technischer Ökosysteme fungieren und "Vermessungsarbeit" leisten sowie eine Mittlerfunktion zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik einnehmen.

Bundearbeitsminister Heil

(Bild: Stefan Krempl/heise online)

Ein TÜV für Algorithmen oder KI werde das im November angekündigte Observatorium dagegen nicht sein, erklärte Heil. Die Technik bezeichnete der SPD-Politiker als "Must have für den internationalen Wettbewerb und die Sicherung unseres Wohlstands". Es gelte, KI-Anwendungen in der Arbeitswelt etwa mit Experimentierräumen zu fördern. Er habe dabei die Hoffnung, dass die Technologie zu einer "sozialen Datenökonomie", einer "sozialen Marktwirtschaft 4.0" führen könne. Sie müsse für die gesamte Gesellschaft funktionieren und zugänglich sein gemäß dem Motto: "Maschinen für alle."

Betreut wird das Observatorium, das die Regierung in ihrer KI-Strategie im Herbst 2018 ankündigte, von der "Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft" im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Ein achtköpfiges Team soll dort Technikfolgenabschätzung rund um KI in der Arbeits- und Sozialverwaltung betreiben, einen Ordnungsrahmen für "soziale Technikgestaltung" vorbereiten, gesellschaftlichen Dialog betreiben und Akteure vernetzen sowie Kontakt zu internationalen und europäischen Gremien halten. Über die Laufzeit bis 2022 ist dafür ein Gesamtbudget von 20 Millionen Euro vorgesehen.

Staat und Wirtschaft müssten KI-Projekte in der Arbeitswelt "mit Beschäftigten zusammen machen, nicht gegen sie", unterstrich Heil. Die Technik sollte sicher und vertrauenswürdig sein, damit die Gesellschaft nicht in Angst davor erstarre. Datenschutz und Persönlichkeitsrechte müssten gewahrt bleiben, woran es derzeit gerade bei Systemen für "People Analytics" große Zweifel gibt.

Prinzipiell hat KI laut dem Sozialdemokraten auch das Potenzial, Jobs "sicherer und gesünder" zu machen. Er verwies auf einen bereits entwickelten Sensoranzug, der körperliche Belastungen bei Arbeitsabläufen messen und Feedback geben könne. Das Ergebnis sei: "Menschen müssen sich nicht mehr krummbuckeln." Zugleich könnten die Messgeräte aber auch "Stresslevels von Arbeitnehmern" registrieren und vergleichen. So ließen sich Beschäftigte überwachen und unter höheren Leistungsdruck setzen.

Beim KI-Einsatz bei der Personalauswahl stellte Heil ebenfalls "Licht und Schatten" fest. Bei massenhaften Bewerbungen könne die Maschine helfen, Verfahren fairer zu gestalten. Konzerne wie Amazon hätten aber auch bereits einen Algorithmus verwendet, der ungewollt anhand der Datenlage etwa Frauen und Farbige diskriminiert habe. Für den Minister ist damit klar: "Es muss eine Letztverantwortung für den Menschen geben." Die Technik habe diesem zu dienen, nicht umgekehrt.

Es gebe viele falsche Vorstellungen über die Funktionsweise der Technik, konstatierte auch Khalil Rouhana, Vizechef der Generaldirektion Connect der EU-Kommission. Zu bedenken sei aber etwa, dass KI auch selbst "Augen hat, die uns observieren". Die Kommission habe daher in einem Weißbuch Vorschläge gemacht, wie die Gesellschaft die Kontrolle über Künstliche Intelligenz in unterschiedlichen Risikostufen behalten könne.

Die Chancen, von der Technik zu profitieren, "müssen für alle gleichermaßen gelten", schloss sich Ulrik Knudsen, Vizegeneralsekretär der OECD, Heil grundsätzlich an. Die OECD hat eigene ethische KI-Grundsätze aufgestellt, die die G20-Staaten übernommen haben. KI-Systeme sollen demnach transparent, robust und so konzipiert sein, "dass sie das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte, demokratische Werte und die Vielfalt achten". Vergangene Woche richtete die OECD zudem ebenfalls ein KI-Observatorium ein, mit dem das deutsche kooperieren soll. (mho)