Studie: Starlink & Co. würden Astronomie teilweise stark beeinträchtigen

Die Netzwerke für Satelliten-Internet würden die bodengestützte Astronomie ganz unterschiedlich beeinträchtigen. Das geht aus einer Studie hervor.

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Studie: Starlink & Co. würden Astronomie teilweise stark beeinträchtigen

Der Himmel über dem Gelände des künftigen Extremely Large Telescope der ESO.

(Bild: ESO/M. Zamani)

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Die geplanten Netzwerke von Satelliten zur Versorgung der Erde mit Internetzugang dürften die Astronomie in unterschiedlichen Maß beeinflussen, besonders betroffen wären Aufnahmen großer Himmelsbereiche zur Suche nach kurzzeitigen Ereignissen. Teilweise könnten 30 bis 50 Prozent der Aufnahmen solcher Großfeld-Durchmusterungsteleskope "stark beeinträchtigt" werden, heißt es in einer Studie der Europäischen Südsternwarte (ESO), die zur Veröffentlichung im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics angenommen wurde. Darin wird quantifiziert, wie berechtigt die Sorgen angesichts der Pläne für die Netzwerke von SpaceX, Amazon, OneWeb und anderer Unternehmen sind.

Nachdem Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX im Frühjahr 2019 damit begonnen hat, sein weltumspannendes Internet-Netz Starlink aufzubauen, hatten immer mehr Astronomen Besorgnis geäußert. Vor allem, wenn die Satelliten noch nicht an ihrer endgültigen Position angelangt sind, sind sie am Himmel teilweise deutlich sichtbar und hatten sogar Experten mit ihrer Helligkeit überrascht. Aber selbst wenn sie dann nicht mehr fürs bloße Auge sichtbar seien, könnte die bodengestützte Astronomie beeinträchtigt werden, hatte die Internationale Astronomische Union (IAU) gewarnt. Aufnahmen, die durch die Satellitenspuren unbrauchbar gemacht wurden, schienen das zu bestätigen.

Die Satelliten sind nur zu sehen, wenn sie von der Sonne angestrahlt werden – aber auch, wenn die schon oder noch unter dem Horizont ist.

(Bild: ESO/L. Calçada)

Angesichts dieser Bedenken hatte die ESO die Studie in Auftrag gegeben. Ermittelt werden sollten vorrangig die Auswirkungen auf die Astronomie der ESO im sichtbaren und infraroten Spektrum, andere Teleskope sollten aber auch in Betracht gezogen werden, erklärt die Sternwarte. Die deswegen wichtigste Schlussfolgerung dürfte also sein, dass das Very Large Telescope (VLT) und das im Bau befindliche Extremely Large Telescope (ELT) von den Satellitenkonstellationen "mäßig beeinflusst" wären. Vor allem Langzeitbelichtungen (rund 1000 Sekunden) in der Dämmerung wären betroffen, hier könnten bis zu 3 Prozent der Aufnahmen zunichtegemacht werden. Bei kürzeren Belichtungen wären es rund 0,5 Prozent.

Diese Auswirkungen könnten durch Maßnahmen an der Sternwarte aber gemindert werden, etwa wenn die Astronomen die Position der Satelliten in ihrer Arbeit einplanen. SpaceX & Co. wiederum könnten ihre Satelliten dunkler machen, um die Beeinträchtigungen abzumildern. Die Autoren sind von insgesamt 18 dieser Konstellationen ausgegangen und haben ihre Ergebnisse für insgesamt 26.000 Satelliten allein in diesen Netzwerken ermittelt. Sie verweisen darauf, dass ihre Ergebnisse wegen vieler unbekannter Variablen nur sehr grob seien und lediglich eine erste quantitative Schätzung sei. Es handle sich um konservative Ergebnisse auf Basis von Vereinfachungen und Annahmen.

Während die für die Verantwortlichen der ESO zumindest etwas beruhigend sein dürften, sieht das für andere Observatorien deutlich anders aus. Großfeld-Durchmusterungsteleskope wie das geplante Vera C. Rubin-Observatorium der US National Science Foundation tasten in kurzen Abständen große Teile des Himmels ab, um kurzlebige Phänomene wie Supernovae oder potenziell gefährliche Asteroiden zu entdecken und damit Beobachtungsobjekte für andere Teleskope zu finden. Hier könnte zu bestimmten Zeiten die Hälfte aller Aufnahmen "stark beeinträchtigt" werden: "Nur Nächte in der Mitte des Winters wären komplett unbeeinträchtigt", warnen die Autoren.

Die Konstellationen haben bislang direkt nach den Starts für das jeweils meiste Aufsehen gesorgt, doch sind die Zahlen zu diesen Zeiträumen in der Studie nicht enthalten. Auch wenn die Satelliten dann besonders spektakulär und hell sind, sei dieser Zustand jeweils sehr kurzlebig, begründen die Forscher diese Entscheidung. Dabei gehen sie aber nicht darauf ein, dass solche Starts bei mehreren Zehntausend Satelliten künftig deutlich häufiger stattfinden könnten, als bislang. Nicht untersucht haben sie außerdem mögliche Folgen für die Radio-, Millimeter- und Submillimeter-Astronomie, die von der ESO mit anderen Observatorien betrieben wird. Dazu soll es eigene Analysen geben. (mho)