Bit-Rauschen: Schnellere Supercomputer, billigere Xeons, mehr Chips

In Stuttgart läuft jetzt Deutschlands wohl schnellster Supercomputer mit AMD-Technik und einer von c’t inspirierten Dekoration. Der AMD-Erfolg treibt Intel zu hohen Rabatten.

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Bit-Rauschen: Schnellere Supercomputer, billigere Xeons, mehr Chips
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Die erfolgsverwöhnte IT-Branche fürchtet das Coronavirus, weil es Lieferketten und Absatzmärkte durcheinanderbringt. Auch die schnellsten Supercomputer und die schlaueste KI sagen nicht vorher, wohin Corona treibt. Mehrere Messen und Konferenzen wurden jedenfalls schon abgesagt (MWC, OCP Summit, GDC) oder waren schwächer besucht, etwa die Embedded World. Einige neue Produkte wurden deshalb virtuell vor­gestellt, etwa Intels erster 10-Nanometer-Atom P5900 alias Snow Ridge für 5G-Basisstationen. Möglicherweise verspäten sich auch Vielkern-Notebooks mit AMD Ryzen 4000 und Intel Comet Lake-H.

Am Stuttgarter Hochleistungsrechenzentrum HLRS nahm der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann den 26-Petaflops-Supercomputer Hawk mit 11.264 AMD-Epyc-­Prozessoren aber noch persönlich in Betrieb. Die theoretische Rechenleistung des Hawk liegt nahe bei der des Garchinger SuperMUC-NG, der Falke (Hawk) hat aber deutlich mehr CPU-Kerne. Daher dürften viele Anwendungen schneller laufen.

Wer das Foto der Hawk-Schränke genau betrachtet, erkennt darauf das mit der Simulationssoftware LS-Dyna berechnete Bild des „Lego Porsche Crash“ – der wiederum auf eine Idee der c’t-Volontäre aus dem Jahr 2017 zurückgeht. Die Simulation wurde freilich noch auf dem Hawk-Vorgänger Hazel Hen berechnet, der nun abgebaut wird: Das Energiebudget am HLRS reicht nicht zum Betrieb beider Superrechner gleichzeitig.

Auf dem Supercomputer Hawk des HLR Stuttgart prangt ein simulierter Lego-Porsche-Crash (rechts). Vorne links sieht man einen grünen Ministerpräsidenten

(Bild: Andreas Stiller)

Der Epyc-Erfolg in Supercomputern wie Hawk und kommenden Exascale-Systemen der USA bringt AMD zwar Renommee, aber keine sonderlich hohen Erträge. Denn was sind ein paar tausend Epycs im Vergleich zu den rund 10 Millionen Xeons, die Intel trotz aller Lieferengpässe jährlich raushaut. Anders als von AMD-CEO Lisa Su erhofft, lag der Epyc-Marktanteil bei den Servern Ende 2019 immer noch unter 5 Prozent. Die Stückzahlen sind eben bei beiden Konkurrenten stark gewachsen, weshalb sich die Verhältnisse kaum veränderten – ganz anders als bei Desktop-PCs und zunehmend auch Notebooks.

Doch Intel gerät immer stärker unter Druck. Beispielsweise hat der US-Dienstleister Cloudflare angekündigt, bei neuen Servern auf Intel zu verzichten. Intel reagiert mit drastischen CPU-Preissenkungen, preist sie aber euphemistisch als „Cascade Lake Refresh“ an, also sozusagen als neue Xeon-Typen. Tatsächlich brachte Intel zwar 18 Prozessoren mit neuen Bezeichnungen auf den Markt, dahinter verbergen sich jedoch auch alte Bekannte zu niedrigeren Preisen. Einen 28-Kerner bekommt man jetzt um satte 60 Prozent billiger. Andere Typen bringen mehr Kerne oder höhere Taktfrequenz fürs gleiche Geld.

Intels CPU-Verzögerungen schlagen jetzt auch auf die Embedded-Systems-­Sparte durch. Auf der Embedded World 2020 waren bereits Prototypen modularer COM-HPC-Server für PCI Express 4.0 und 5.0 zu sehen – bloß ohne Prozessoren. Eigentlich hätten Intels Ice Lakes mit PCIe 4.0 ja längst auf dem Markt sein sollen. Allerdings hat auch AMD noch keine Embedded-Versionen seiner 7-Nanometer-­Prozessoren mit PCIe 4.0 vorgestellt. AMD konzentriert sich offensichtlich auf Epycs und Mobilprozessoren. Zum Jahresende sollen außerdem Lizenzgebühren für die Prozessoren der neuen Spielkonsolen XBox One Series X und Playstation 5 die AMD-Kasse füllen.

Die Marktbeobachter von Gartner schätzen, dass Apple 2019 Halbleiterbauelemente im Wert von rund 36 Milliarden US-Dollar eingekauft hat – das entspricht 8,6 Prozent des Gesamtmarkts. Samsung als größter Smartphone-Hersteller liegt demnach auf Platz zwei der Chip-Konsumenten (8 Prozent), stellt aber auch viele davon selbst her. Es folgen Huawei, Dell, Lenovo und noch vor HP die chinesische BBK Electronics mit Smartphone-Marken wie Oppo und OnePlus.

Bei den Chip-Lieferanten wiederum liegt Samsung Semiconductor vorne, wenn man die Anzahl der verarbeiteten Wafer betrachtet. Im Dezember 2019 liefen 2,9 Millionen Wafer durch die Samsung-Fabs, gerechnet in 200-Millimeter-Äquivalenten – praktisch sind es deutlich weniger, weil Volumenprodukte längst auf 300-Millimeter-Scheiben entstehen. Bei TSMC waren es jedenfalls „nur“ 2,5 Millionen, dann folgen die DRAM- und Flash-Größen Micron, SK Hynix und Kioxia/WD mit 1,4 bis 1,8 Millionen Wafern pro Monat.

Dieser Artikel stammt aus c't 7/2020. (ciw)