Linux-Desktop Gnome 3.36: Aufpolierte Oberfläche mit kürzeren Wegen

Nicht nur kosmetische Änderungen: Gnome 3.36 vereinfacht für flinkere Bedienbarkeit den Sperrbildschirm und stellt eine App zur Erweiterungs-Verwaltung vor.

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Linux-Desktop Gnome 3.36: Aufpolierte Oberfläche mit kürzeren Wegen

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Von
  • David Wolski
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Ein halbes Jahr nach Gnome 3.34 präsentierte die Gnome Foundation vor rund einer Woche die neue Ausgabe 3.36 ihres Linux-Desktops, der unter anderem den Linux-Distributionen Debian, Ubuntu und Fedora als Standardoberfläche dient. Gnome wird auch deshalb immer ein Stück mehr Aufmerksamkeit zuteil als anderen Desktops, zumal es für die meisten neuen Linux-Anwender die zunächst genutzte Oberfläche ist.

Erfreulich ist deshalb, dass sich die Gnome-Entwickler in Gnome 3.36, Codename "Grelik", zwei Problemen angenommen haben, die Einrichtung und Workflow bisher unnötig kompliziert machten. Zum einen haben Erweiterungen für den Desktop, die Gnome in den Augen vieler Anwender besser benutzbar machen, jetzt eine eigene App zur Verwaltung bekommen. Zum anderen ist der als umständlich empfundene Sperrbildschirm bei Inaktivität ab jetzt schon mit einem Mausklick weg.

Die in Gnome enthaltene Virtualisierungslösung "Boxes" kann nun virtuelle Maschinen endlich auch mit einem emulierten UEFI booten und nicht mehr nur mit einem BIOS. Neben diesen Highlights gibt noch viel Feinschliff an Details, um die Arbeit auf dem Gnome-Desktop flüssiger zu gestalten.

Gnome 3.36 (8 Bilder)

Verbesserte Performance

Flotter Aufbau der Übersichtsseite: Unter Wayland kann Gnome 3.36 wieder mit Verbesserungen der Performance glänzen, die sich auch mit dem Software-Renderer von Mesa 3D zeigt.

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Der bisherige Weg, die beliebten und in Ubuntu sogar vorinstallierten Gnome-Erweiterungen für den Desktop zu verwalten, war die Webseite extensions.gnome.org in Kombination mit dem Browser-Add-On "chrome-gnome-shell", und auf dem System die Einstellungs-App "Gnome Tweaks". Browser-Add-On oder App musste Anwender in den meisten Linux-Distributionen in Eigeninitiative nachzurüsten. Das wird ab jetzt nicht mehr nötig sein: Ab Gnome 3.36 steht das zusätzliche Programm "Extension" zur Verwaltung, Aktualisierung und für individuelle Einstellungen von Erweiterungen zur Verfügung.

Einen kleineren Umbau gab es im üblichen Gnome-Einstellungsmenü: Die Kategorien für Untermenüs sind klarer strukturiert und die Einträge "Benutzer" und "Info" gruppieren nun einige Schalter zum jeweiligen Thema. Außerdem gibt es unter "Datenschutz" eine Auflistung von Anwendungen, die auf Ortungsdienste, Kamera, Mikrofon, und Thunderbolt-Port zugreifen dürfen. Dort kann man zuvor erteilte Zugriffsrechte auch wieder entziehen.

Während der Arbeit können Benachrichtigungen laufender, besonders gesprächiger Programme mitunter lästig werden. Das Pop-Up-Menü zu Kalender und Systemnachrichten, das sich wie gewohnt mit einem Klick auf die Uhrzeit in der oberen Leiste öffnet, hat deshalb den Schalter "Do not disturb" bekommen, dessen Aktivierung alle Meldungen unterdrückt.

Wer Gnome auf einem Notebook mit Touchscreen oder sogar Tablet verwendet, weiß um die Probleme bei der Passworteingabe per Bildschirmtastatur. Alle Systemdialoge, welche ein Passwort abfragen, zeigen bei einem Klick auf das abgebildete Auge im Eingabefeld jetzt die eingegebenen Zeichen im Klartext an.

Unterwegs, wenn die Internetverbindung per Tethering über das Smartphone hergestellt wird, zählt oft jedes Megabyte. Bei Netzwerkverbindungen, die in den Netzwerkeinstellungen als getaktet markiert sind, setzt die Paketverwaltung von Gnome Software alle automatischen Updates aus, um in dieser Situation wertvollen Traffic zu sparen.

Auf Systemen mit hybrider Grafik und einem installierten proprietären Treiber für Nvidia-Grafikchips bietet Gnome 3.36 die Möglichkeit, ein Programm per Rechtsklick mit der Nutzung des diskreten Grafiksystems zu starten. Diese Methode über "DRI_PRIME" wird von Mesa gehandhabt und funktioniert deshalb sowohl unter Xorg als auch unter Wayland.

Das grafische Frontend "Gnome Boxes" zur Virtualisierung mittels KVM und Qemu holt gegenüber anderen Programmen wie dem Virt-Manager auf und bietet in den Einstellungen für Gastsysteme neben einem emulierten BIOS jetzt auch eine Startumgebung mit UEFI an. Bei den durchgeführten Tests mit Gnome Boxes 3.36 war UEFI nun sogar als Standard vorausgewählt. Die Installation der benötigten Pakete für "virtd" bleibt aber, je nach Distribution, den Anwendern überlassen. Gnome Boxes nutzt die UEFI-Variante von Qemu, die eine Modifikation von Intels Tiano Core ist.

Der Anmeldebildschirm des Gnome Display Manager (GDM) hat nicht nur kosmetische Änderungen bekommen, sondern liefert Anwender gefühlt schneller auf dem Desktop ab. Bislang zeigte Gnome einen weiteren Sperrbildschirm mit der Uhrzeit an, den eine Mausbewegung oder auch die Tastenkombination Strg-L wie einen Vorhang nach oben wegwischen musste.

Der zusätzliche Schritt störte den Arbeitsfluss und ist nun Vergangenheit - ein einfacher Mausklick oder ein Wischer auf den Touchpad genügen jetzt, um gleich das Passwortfeld anzuzeigen. Für die nächsten Gnome-Versionen planen die Entwickler eine weitere Vereinfachung der Anmeldung, indem der zuletzt aktive Benutzeraccount automatisch zum Login gewählt wird.

Etliche kleinere Änderungen listen die Release Notes zu Gnome 3.36 akribisch auf. Die neue Version der Desktop-Umgebung wird in Fedora 32 und Ubuntu 20.04 enthalten sein, die beide im April erscheinen werden. Letzteres wieder mit weiteren, vorinstallierten Gnome-Erweiterungen wie "Dash-To-Dock". In den Paketquellen von Arch Linux ist Gnome 3.36 bereits vorhanden und lädt zum Ausprobieren ein.

Mehr Infos

fgfdg

(ovw)