Corona-Apps in der Kritik

Nicht nur Datenschützer und Wissenschaftler, auch Projektentwickler werfen einen kritischeren Blick auf die Corona-Apps.

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Corona-Apps in der Kritik

(Bild: geohealthapp.de)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die Macher des Projekts GeoHealth haben sich diese Woche getrennt. Dennoch will Maxim Gleser am Freitag seine gemeinsam mit dem Unternehmen ARIT Services entwickelte GeoHealthApp in einer ersten Probeversion veröffentlichen. Patienten sollen ihre positiven Testergebnisse anonymisiert in die GeoHealthApp hochladen können, die dann ein Team händisch auf Authentizität prüfen soll. Anhand der Daten sollen Nutzer ein individuelles Infektionsrisiko ermitteln können.

Der Mediziner Gernot Beutel von der Medizinischen Hochschule Hannover hatte gemeinsam mit der Hamburger Firma Ubilabs das Konzept für eine Datenanalyseplattform entwickelt, die mit einem GPS-Trackingansatz den Verlauf von Epidemien exakter erfassen soll. Gleser hatte die Idee zur App und sollte die App als Frontend beisteuern.

"Wir sind letztendlich zu dem Entschluss gekommen, diese Entwicklung aus Gründen des Datenschutzes nicht weiterzuverfolgen", sagte Beutel. Er befürchtet, dass "gefälschte oder mehrfach eingesendete Befunde die Basis einer soliden Datenbank derart beeinflussen könnten, dass falsche medizinische Entscheidungen abgeleitet werden könnten".

Das ursprüngliche Konzept, medizinisch geschultes Personal zur Verifikation der Laborbefunde einzusetzen, scheitere bereits an der Frage des aktuell verfügbaren Personals. Die Medizinische Hochschule Hannover will nun Projektpartner in anderen Wissenschaftseinrichtungen finden. Die Gespräche dazu seien bereits im Gange.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Thomas Grünewald, Leiter der Klinik für Infektionsmedizin in Chemnitz mit seiner App Ebolapp. Auch dieses Projekt setzt auf GPS-Bewegungsprofile, die dann verschlüsselt auf dem Handy gespeichert werden. Ausgelesen werden darf es mit Einwilligung des App-Nutzers nur von einem Arzt. Dieser soll dann mögliche Infektionsrisiken im Umfeld des Patienten besser einschätzen können. Auf dem Backend des Ebolapp-Servers werden nur die pseudonymisierten Bewegungsprofile übertragen. Grünewald will Ebolapp nun an die Anforderungen durch das Coronavirus anpassen.

Die Initiative "Schneller als Corona" der HealthCare Futurists setzt nicht auf GPS-Tracking, sondern auf Selbstbeobachtung der Nutzer. Sie werden danach gefragt, wo sie sich bewegen und wie oft sie sich täglich die Hände waschen. Mit Künstlicher Intelligenz werden die Daten mit Dritten im gleichen Wohnort verglichen und ein Infektionsrisiko ermittelt. Die Ergebnisse werden in Ampelfarben angezeigt. Die Datenbasis soll mit Hochschulen, Behörden und anderen Datenwissenschaftlern geteilt werden.

Christin Schäfer, Statistikerin und Geschäftsführerin der Berliner Data Science Boutique "acs plus", kritisierte die Entwicklung verschiedener Corona-Apps. Einzelne Apps würden "wenig bringen", da es "das ganze Bild" brauche. Hinsichtlich des Datenschutzes müsse der tatsächliche Nutzen der App vor ihrem Einsatz ermittelt werden, fordert Schäfer: "Für Krisensituationen muss klar festgelegt werden, wann eine Notsituation und damit der Einsatz der App beginnt, insbesondere auch wann sie endet. Und es muss garantiert sein, dass die Daten sofort gelöscht werden." (anw)