Software misst Knochenabbau bei Astronauten

Ein Forscherteam will ein Computersystem entwickeln, das den Knochenabbau von Astronauten bei längeren Weltraumflügen kontrolliert.

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Von
  • Andreas Grote

Ein Forscherteam an der Dartmouth College’s Thayer School of Engineering und der Dartmouth Medical School wollen ein Computersystem entwickeln, das den Knochenabbau von Astronauten bei längeren Weltraumflügen kontrollieren und Sofortmaßnahmen einleiten soll.

Die momentan angewandte Methode zur Überwachung beschränkt sich darauf, den Knochenabbau nach dem Flug zu messen und in Korrelation zur Bewegungsmenge des Astronauten während des Flugs zu setzen, um für den nächsten Flug die richtige Nahrung und Bewegungsübungen anzupassen. Für längere Weltraumflüge ist diese Methode aber unbrauchbar, denn eine Reise zum Mars dauert zweieinhalb Jahre.

Das von den beiden amerikanischen Forscherteams entwickelte und sich jetzt in einem halbjährigen Test befindliche System erkennt dagegen den Knochenabbau, sobald er auftaucht, sodass der betreffende Astronaut sofort etwas dagegen unternehmen kann. Dafür misst die Software von jedem Crewmitglied den Kalziumgehalt im Urin (das Kalzium aus den Knochen wird über den Urin ausgeschieden), führt Buch über seine Ernährung und Bewegungsübungen an Bord, misst den Gehalt an Kohlendioxid im Raumschiff, hat Kenntnis über die medizinische Vorgeschichte und analysiert alle diese Informationen. Bemerkt die Software einen signifikant großen Verlust an Kalzium, erhält das entsprechende Crewmitglied eine Mitteilung, dass er möglicherweise seine Bewegungsübungen ausweiten soll oder dass Eingriffe in die Ernährung beziehungsweise Medikamente nötig sind.

Die Daten für jeden Astronauten laufen von den verschiedenen Stellen innerhalb des Raumschiffes in das zentrale Netzwerk und können von dort an das Kontrollzentrum übertragen werden. "Unser System macht das Sammeln der benötigten Daten gerade auf einer so langen Reise weitaus weniger belastend für die Astronauten", lobt Sue McGrath von der Dartmouth’s Thayer School of Engineering, da diese sich nicht um die automatische Datenerfassung zu kümmern brauchen.

Untersuchungen während früherer Weltraumflüge haben ergeben, dass Astronauten während ihres Fluges pro Monat ein Prozent an Knochenmasse verlieren. "Da die Knochen aufgrund der fehlenden Erdanziehungskraft kein Gewicht mehr tragen müssen, verlieren sie Kalzium", erklärt Jay Buckey von der Dartmouth Medical School. "Wenig Licht und hohe Konzentrationen von Kohlendioxid haben ebenfalls negavitve Auswirkungen auf das menschliche Skelett, und beides ist an Bord eines Raumschiffs der Fall." Knochen mit einem Kalziummangel sind weicher, heilen weniger schnell und brauchen länger, wenn sie sich nach der Landung wieder an Belastungen gewöhnen müssen. Nur die künstliche Zugabe von Kalzium zum Essen der Astronauten bringt dagegen wenig, da nicht der Kalziummangel das Problem ist, sondern die fehlende körperliche Belastung der Knochen im Weltraum.

Die Forscher können sich aber auch Anwendungen hier auf der Erde vorstellen, wie beispielweise das nicht-invasive Messen des Kalziumverlusts bei Osteoporose-Patienten oder bei Patienten mit Nierensteinen. Zusammen mit anderen persönlichen Daten könnte dies zu einer verbesserten Diagnose und Therapie führen, die zudem noch kostengünstiger sein dürfte. "Bei der Entwicklung des Systems zur Messung des Kalziumverlustes auf einer Mars-Mission laufen wir parallel mit dem zeitlichen Fahrplan der NASA, aber solche kommerziellen Anwendungen könnten schon in den nächsten fünf Jahren erhältlich sein", meint McGrath.

Auch Forscher am Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) der Universität Karlsruhe entwickeln ein "Personal Health Monitor" genanntes System, dessen Sensoren, die auf den Körper wie ein Pflaster aufgeklebt werden, Daten über den Blutdruck, Pulsfrequenz, Atemgeräusche und -frequenz messen und an eine Basisstation übermitteln sollen. (Andreas Grote) / (wst)