Sternexplosionen, Exoplaneten, Schwarze Löcher: Weltraumteleskop Hubble wird 30

Hubble ist längst ein Popstar. Weil der Nachfolger auf sich warten lässt, steht das Weltraumteleskop zum 30. Geburtstag weiter im Rampenlicht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 108 Kommentare lesen
Sternexplosionen, Exoplaneten, Schwarze Löcher: Weltraumteleskop Hubble wird 30

(Bild: Space Telescope Science Institute)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Till Mundzeck
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Eigentlich sollte Hubble schon zum 25. Geburtstag einen Nachfolger an der Seite haben, aber nun feiert das unermüdliche Observatorium auch den 30. Geburtstag ohne das nächste große Weltraumteleskop im Orbit. Hubble wurde am 24. April 1990 mit dem Space Shuttle Discovery ins All gehievt und einen Tag später in einer Höhe von 540 Kilometern im Orbit ausgesetzt.

Seitdem hat das Omnibus-große Observatorium rund 1,3 Millionen Beobachtungen gemacht, aus denen mehr als 15.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen entstanden. Mit den oft spektakulär bunten Bildern ist das Weltraumteleskop der Weltraumagenturen NASA und ESA aber auch Teil der Popkultur geworden.

Hubble kann zahlreiche Erfolge auf nahezu allen Feldern der Astronomie verbuchen. Unter anderem hat es bestätigt, dass gigantische Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien hausen und sich der Kosmos immer schneller ausdehnt. Es hat diese Ausdehnungsgeschwindigkeit mit unerreichter Genauigkeit bestimmt, proto-planetaren Gas- und Staubscheiben entdeckt, aus denen sich neue Sterne und Planetensysteme bilden, und in die kosmische Frühgeschichte zurückgeblickt, fast bis zum Urknall. Zum runden Geburtstag gibt es nun die Möglichkeit, sich ein Bild anzeigen zu lassen, das Hubble an einem Geburtstag gemacht hat.

Weltraumteleskop Hubble (105 Bilder)

Der Affenkopfnebel im Orion
(Bild: ESA/Hubble)


Viele von Hubbles Forschungsfeldern waren noch gar nicht absehbar, als das Weltraumteleskop in den Orbit gebracht wurde. So waren 1990 noch keine Planeten bei anderen Sternen bekannt. 2001 hat Hubble die erste Atmosphäre eines solchen Exoplaneten nachgewiesen und Jahre später sogar die ersten Exoplaneten direkt abgebildet – auch wenn einer davon inzwischen wieder verschwunden ist.

"Hubble war das erste Instrument, das uns diesen sehr, sehr einzigartigen Einblick gegeben hat", betonte Exoplanetenforscherin Nikol Lewis von der Cornell-Universität in Ithaca (US-Bundesstaat New York) kürzlich auf einem Jubiläumsseminar während der Jahrestagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft AAS. Das Weltraumteleskop habe damit "die Ära der vergleichenden Exoplanetologie eingeläutet".

Doch das Weltraumteleskop hat nicht nur Wissenschaftler begeistert. "Hubble hat das Universum zu den Menschen nach Hause gebracht", sagt Projektwissenschaftlerin Antonella Nota von der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Die Europäer sind zu 15 Prozent an dem Weltraumteleskop beteiligt, die ESA feiert nun auch. "Es hat die Schönheit des Universums allen Menschen weltweit zugänglich gemacht, nicht nur als Privileg für wenige professionelle Astronomen."

Die schillernd-schönen Aufnahmen des Weltraumteleskops finden sich längst auf Bechern und Bettwäsche, Postern und Werbeplakaten, in Kinofilmen und sogar Bibel-Kalendern. Das Teleskop selbst ist zu einem Synonym für Weltraumforschung geworden und eine feste Größe in unserem Alltag. "Hubble ist vollkommen von der Popkultur absorbiert worden", sagt Leckrone. "Viele Menschen, die heute leben, waren nicht einmal geboren, als Hubble gestartet wurde. Sie kennen keine Welt, in der Hubble nicht existiert und nicht verlässlich und regelmäßig beeindruckende wissenschaftliche Entdeckungen produziert."

Einen großen Anteil an der Popularität haben die Bilder. "Vor Hubble war das Universum etwas langweiliger", erläuterte der PR-Chef des wissenschaftlichen Weltraumteleskop-Instituts (Space Telescope Science Institute, STScI) in Baltimore, Ray Villard, auf der AAS-Tagung. "Wir haben die Welt mit atemberaubenden Bildern überschwemmt, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Die Bilder sprechen die Öffentlichkeit auf einer visuellen und emotionalen Ebene an, die weit über das Verständnis für die Wissenschaft hinausgeht."

Alle Hubble-Bilder sind in der Regel bearbeitet, allein schon, weil das Weltraumteleskop auch ultraviolettes und infrarotes Licht empfangen kann, das für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Nicht immer entsprechen also die Farben auf den Bildern den Farben in der Natur. Das sei auch nicht das Ziel, betonte Villard. Die Bildexperten legten gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern enormen Wert darauf, die Essenz eines astronomischen Objekts sichtbar zu machen.

Für die Popularität des Weltraumteleskops gibt es jedoch noch einen weiteren Grund: "Drama", sagte Villard. "Hubbles Geschichte liest sich wie ein Spielfilm-Skript. Sie hat einen Spannungsbogen." Vor dem Start herrschte eine gespannte Erwartung an das einzigartige Teleskop, die kurz darauf Enttäuschung und Spott wich, als sich zeigte, dass der 2,4 Meter große Hauptspiegel so fehlerhaft war, dass er keine deutlich bessere Bildqualität ermöglichte als bodengebundene Teleskope. "Der Spiegel wurde sehr präzise gefertigt – nach einer falschen Formel", berichtete Leckrones Nachfolgerin Jennifer Wiseman auf der AAS-Tagung.

Mehr Infos

.


Es folgte eine ebenso originelle wie abenteuerliche Reparaturaktion, in der NASA-Astronauten eine Korrekturoptik einsetzten – Hubble bekam eine Brille und damit nach mehr als drei Jahren seine volle Sehkraft. "Die anfängliche Geschichte des Scheiterns und der Wiederherstellung hat in der Öffentlichkeit einen Nerv getroffen wie keine andere Mission", sagt auch ESA-Forscherin Nota. "Es ist eine Geschichte von erstaunlichem menschlichem Einfallsreichtum, die zu einer Zusammenarbeit über Kontinente hinweg führte, an der verschiedenste Gruppen von Astronomen und Ingenieuren beteiligt waren, um eine Lösung zu finden, die die ursprünglichen Fähigkeiten wiederherstellen konnte."

Hubles Bildqualität vor (li.) und nach (re.) der Korrektur. Zu sehen ist die Spiralgalaxie M100

(Bild: NASA)

Die Reparaturmission blieb nicht der einzige Flug zu Hubble. Insgesamt fünf Mal flogen Astronauten zu dem elf Tonnen schweren Observatorium, um es bei spektakulären Manövern auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, zuletzt 2009. Seit die Space Shuttles der NASA 2011 eingemottet wurden, ist Hubble sich selbst überlassen. Das fliegende Observatorium sollte zwischenzeitlich dem begrenzten Budget zum Opfer fallen, die Mission wurde dann aber doch verlängert – im Moment "open end".

Auch wenn die NASA im nächsten Jahr endlich das nächste große Observatorium ins All bringen will – eigentlich war 2014 anvisiert –, das James Webb Space Telescope (JWST), soll Hubble weiterarbeiten. Die beiden Teleskope ergänzten sich hervorragend, betonte Wiseman. "Hubble ist fantastisch in Form, technisch und wissenschaftlich." Das Observatorium befinde sich derzeit am Gipfel seines wissenschaftlichen Ertrags. Hubbles Mission werde in den 2020er Jahren fortgeführt – "und wenn man optimistisch ist, vielleicht auch darüber hinaus". (mho)