Eclipse Foundation legt neuen Schwerpunkt auf Europa

Durch die Gründung der Eclipse Foundation AISBL setzt die Open-Source-Organisation ein Zeichen für ihre vielen europäischen Mitglieder.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Europa, EU
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Alexander Neumann
Inhaltsverzeichnis

Die Eclipse Foundation wird eine eigene Organisation in Europa gründen. Dafür hat die gemeinnützige Open-Source-Stiftung die sogenannte Eclipse Foundation AISBL gegründet. Die Abkürzung steht für "Association internationale sans but lucratif". Die neue "juristische Person" wird ihren Sitz in Brüssel haben. Die AISBL ist eine in Belgien zulässige Rechtsform für gemeinnützige Vereine beziehungsweise Non-Profit-Organisationen, die gerade mit Bezug auf internationale Aktivitäten mehr zulässt als zum Beispiel die Rechtsform für eingetragene Vereine in Deutschland.

Ziel ist die Schaffung einer neuen Basis für die Entwicklung von Open-Source-Projekten, die auf GitLab basiert und in Europa beheimatet ist. Es wird erwartet, dass sowohl die neue belgische gemeinnützige Vereinigung als auch die GitLab-Ressourcen diesen Juli aufgesetzt und in Betrieb genommen sein werden. Die Namen, Copyrights und Marken von Eclipse und der Eclipse Foundation werden fortan von der neuen europäischen Einheit kontrolliert, ebenso wie Kernthemen wie Kartellrecht und geistiges Eigentum. Künftig sollen sogar die Mitgliedsbeiträge in Euro angegeben werden. Auch ist dadurch absehbar, dass die Open-Source-Organisation ihre Ressourcen in Europa ausbauen wird.

Bislang hatte die Eclipse Foundation ihr zentrales Büro im kanadischen Ottawa angesiedelt und war eine in den USA eingetragene gemeinnützige Organisation. Die amerikanische Firmierung soll weiterhin bestehen bleiben, aber beide organisatorische Einheiten werden wohl weitgehend unabhängig voneinander agieren, dabei jedoch den gleichen Grundsätzen verhaftet sein. An der US-amerikanischen Foundation will man offenbar erst mal festhalten.

Mehr Infos

Die Eclipse Foundation ist eine gemeinnützige Gesellschaft, in der Einzelpersonen und Organisationen eine Umgebung für die Zusammenarbeit und Innovation mit Open-Source-Software erhalten. Die 2004 gegründete Foundation ist bekannt für die verbreitete Eclipse-Entwicklungsumgebung sowie als Schirmherrin der Jakarta-EE-Entwicklung und durch zahlreiche Open-Source-Projekte, deren Tools, Frameworks und Laufzeitumgebungen in Bereichen wie Cloud- und Edge-Anwendungen, IoT, KI, Automotive, Systemtechnik und Digital-Ledger-Technologien eingesetzt werden.

Die Eclipse Foundation hat seit Jahren schon eine starke Basis an Mitgliedern aus dem europäischen Raum. So stammen derzeit ungefähr 60 Prozent der rund 300 Mitglieder der Organisation aus Europa. Mit dem Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), dem Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS), der IOTA Foundation, Bosch und SAP sind allein fünf Organisationen der derzeit 13 strategischen Mitglieder in Deutschland angesiedelt. Mit Huawei, Konduit und Fujitsu gibt es noch drei asiatische und ansonsten zwei weitere europäische. Nur Eclipse-Initiator IBM beziehungsweise Red Hat sowie Oracle kommen derzeit aus den Vereinigten Staaten.

Noch vor einigen Jahren war das Verhältnis zwischen Amerika und dem Rest der Welt nicht so ausgeprägt wie heute. Die Veränderung ist aber schon seit einigen Jahren zu beobachten. Ausdruck davon ist unter anderem auch, dass die "große" US-amerikanische EclipseCon irgendwann kleiner war als ihr europäisches Pendant in Ludwigsburg und schließlich aufgegeben wurde, es aber die ehemals kleine Schwester immer noch gibt.

Gemessen an Mitarbeitern, Projekten, Committern (ca. 900) und Mitgliedern (rund 170) ist die Eclipse Foundation eigenen Angaben zufolge zurzeit die größte Open-Source-Organisation in Europa. Schon 2013 hatte sie mit der Eclipse Foundation Europe GmbH zudem eine europäische Niederlassung im hessischen Zwingenberg an der Bergstraße bekannt gegeben. Auch diese soll vorerst Bestand haben.

Mike Milinkovich, Geschäftsführer der Eclipse Foundation, äußert sich in der Ankündigung zur Gründung der AISBL wie folgt: "In den letzten Jahren ist die Mitgliedschaft der Eclipse Foundation mit Technologieführern aus der ganzen Welt, insbesondere aus Europa, gewachsen. Open Source treibt die internationale Innovation und Zusammenarbeit voran und ist für die europäische Industrie strategisch wichtig geworden. Es war eine leichte Entscheidung, mehr Ressourcen auf diese Region zu konzentrieren und gleichzeitig weiterhin neue Mitglieder aus der ganzen Welt willkommen zu heißen und zu unterstützen. Von unserer neuen Basis in Europa aus freuen wir uns darauf, weiterhin das Wachstum eines globalen, nachhaltigen Open-Source-Ökosystems zu fördern."

Die Gründung der europäischen Gesellschaft ist ein vermutlich cleverer Schachzug. Vergleichbare Open-Source-Organisationen wie die Linux Foundation, die Apache Software Foundation oder die Mozilla Foundation sowie die Eclipse Foundation unterliegen bisher US-amerikanischen Recht. Im Zuge des Handelskriegs zwischen den USA und China sind sich derzeit einige Unternehmen im Unklaren, wie sicher ihr Investment bei der bisherigen Mitgliedschaft tatsächlich ist. So ist Huawei bekanntlich selbst strategisches Mitglied der Organisation, andere Mitglieder wie BMW sind vermutlich deswegen "nur" über ihre amerikanische Gesellschaft in die Foundation involviert.

Mit der europäischen AISBL könnte das Eclipse-Ökosystem an Attraktivität für Unternehmen, Forschungseinrichtungen und andere Organisationen gewinnen, die sich in Open Source engagieren wollen. Das signalisieren auch die Statements der Pressemeldung zur neuen Ausrichtung der Foundation. Auch ist von der Annahme auszugehen, dass viele europäische Unternehmen lieber unter europäischer Gerichtsbarkeit agieren wollen.

Hinzu kommt noch, dass gerade in der jüngeren Vergangenheit die Eclipse Foundation zunehmend als Open-Source-Plattform für universitäre und Forschungseinrichtungen wahrgenommen wurde. Hier hat offenbar das Konzept der branchenspezifischen Working Groups gegriffen, die als Ort der gemeinsamen Zusammenarbeit an firmen- und organisationsübergreifenden Open-Source-Entwicklungen fungieren. Die meisten Working Groups haben ihren Ursprung in Europa. Viele der hier involvierten Organisationen hätten die Gründung der neuen Gesellschaft angesichts der neuen Möglichkeiten durchweg begrüßt, so Ralph Müller, Managing Director der Eclipse Foundation Europe GmbH und Vice President Ecosystem Development.

Weitere Informationen über die Pläne der Stiftung und wie sich Interessierte beteiligen können, finden sich unter eclipse.org/europe. Etwas weniger blumig als oben im Zitat fasst Milinkovich die Neuerungen in seinem Blog zusammen. Es empfiehlt sich auch, die FAQs auf der Europa-Website zu lesen. (ane)