Kultur während Corona: Solidarität mit Nebenwirkung

Wer virtuelle Konzerte ohne Eintritt anbietet, erschwert es damit auch ­anderen Künstlern, auf diesem Weg wenigstens etwas Geld zu verdienen.

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Von
  • Robert Thielicke

Viele Künstler suchen sich derzeit ihren eigenen Weg aus dem Lockdown: Weil die Menschen nicht mehr auf ihre Konzerte gehen können, bringen sie die Konzerte zu ihnen. Als einer der Ersten fing der Pianist Igor Levit an, viele andere folgen seitdem. Doch die virtuellen Darbietungen haben einen Schön­heitsfehler: Sie sind allesamt kostenlos. In schweren Zeiten wie diesen mag das ein großes Signal der Solidarität sein. Nur leider hört diese Solidarität allzu oft auf, wenn sie in die andere Richtung fließen soll: Wenn es darum geht, Künstler angemessen für ihre Leistung zu bezahlen.

Einige wenige große Namen können trotz kostenloser Konzerte überleben und vielleicht sogar ihre Bekanntheit steigern. Sie haben ausreichend finanziellen Puffer, und nach der Coronakrise werden genug Menschen wieder genug Geld ausgeben, um sie live zu erleben.

Die meisten Kulturschaffenden gehören jedoch nicht in diese Kategorie. Für sie sind Zeiten ohne Bezahlung existenzbedrohend. Wer virtuelle Konzerte ohne Eintritt anbietet, erschwert es damit auch ­anderen Künstlern, auf diesem Weg wenigstens etwas Geld zu verdienen. Und er erweckt einmal mehr den Eindruck, dass kreative Leistung weniger wert ist, wenn sie digital dargeboten wird. Die Geschichte des Internets hat schließlich gezeigt, wie schwer es ist, für Inhalte Geld zu verlangen, die einmal kostenlos zur Verfügung standen. Besser wäre es ­daher gewesen, für die Darbietungen wenigstens ein bisschen Eintritt zu verlangen.

(jle)