Wie gehts weiter mit der OLED-Technik?

Samsung will aus der LCD-Technik aussteigen und stattdessen wieder OLEDs produzieren. Auch LG nimmt Abstand von LCDs, aus Mikro-LED-TVs wird vorerst nichts.

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LG
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Samsung will Ende des Jahres seine LCD-Fabriken in China verkaufen und zwei weitere in Südkorea schließen beziehungsweise umwandeln. LG schließt seine LCD-Fabs in Südkorea, hält aber vorerst an den Fertigungsstätten in China fest. Grund: Chinesische Unternehmen wie BOE, TCL und CSOT fertigen Flüssigkristalldisplays inzwischen deutlich kostengünstiger als die Koreaner. Das verdanken sie zum einen den niedrigeren Lohnkosten. Zum anderen hat der Staat chinesischen Unternehmen den Bau von Produktionsstätten praktisch finanziert. Aus diesen Fabs überschwemmen sie nun den Weltmarkt mit preiswerten LCD-Panels.

LG will sich noch stärker auf organische Displays konzentrieren. OLED-Panels für TVs sind in diesem Jahr erstmals mit 48 Zoll Diagonale erhältlich; außerdem gibt es Geräte mit Diagonalen von 55, 65, 77 und 88 Zoll. LG Displays produziert die OLEDs derzeit in Fabriken der Generation 8.5 mit 2,50 × 2,20 Meter großen Glassubstraten. Dort lassen sich allerdings weder sehr große Panels über 70 Zoll noch kleine 48-Zöller preisgünstig fertigen – beim Zuschneiden fällt viel ungenutztes Substrat ab.

LG bietet seine OLED-TVs auch mit 8K-Auflösung an. Diese werden mangels Inhalten in diesem Jahr aber wohl nicht allzu viele Käufer finden.

(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't magazin)

Außerdem stehen OLED-Fernseher letztlich in direkter Konkurrenz zu den LCD-TVs, weshalb die Hersteller die Preise für OLED-Fernseher und OLED-Panels nicht beliebig in die Höhe treiben können. Hinzu kommt, dass die TV-Käufe durch die Corona-Pandemie stark zurückgehen. Das spiegeln bereits die Zahlen für das erste Quartal 2020 wider: LG Display verzeichnete einen Umsatzrückgang um 26 Prozent auf 3,8 Milliarden US-Dollar gegenüber dem letzten Quartal und minus 20 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.

Von den 2020 ursprünglich weltweit erwarteten 4,5 Millionen verkauften OLED-TVs werden in Pandemie-Zeiten nach Einschätzung der Omida-Marktforscher (ehemals IHS Markit) nur 3,5 Millionen übrig bleiben. Auch in Deutschland planen ein Drittel der in einer GfK-Studie befragten Verbraucher, künftig weniger Geld für den Kauf langlebiger Produkte wie Fernseher auszugeben.

Zum sinkenden TV-Absatz tragen zudem die Verschiebungen von Sportereignissen wie die Fußball-EM und die Olympischen Spiele bei. Die meisten TV-Displays zeigen aktuell 4K-Auflösung, 8K-Modelle sollten zu Olympia 2020 in Japan groß rauskommen, da die japanische Rundfunkgesellschaft NHK die Spiele in 8K-Auflösung aufnehmen und übertragen wollte.

Stattdessen sinkt nun das Interesse an ultrahochauflösenden 8K-Fernsehern, zumal sie deutlich teurer sind und ihr Energiebedarf über dem gleich großer 4K-Modelle liegt: Die Zuleitungen sowie die erforderlichen Pixeltransistoren pro Bildpunkt (einer pro Subpixel beim LCD, bis zu vier TFTs beim OLED) bedecken im 8K-Display sehr viel Panelfläche, die lichtdurchlässige beziehungsweise selbstleuchtende Pixelfläche ist deshalb kleiner. Für ein gleich helles Bild muss das Backlight beziehungsweise die organische Schicht also deutlich heller leuchten.

Insbesondere die Hersteller hochpreisiger Geräte müssen sich jetzt überlegen, welchen technischen Fortschritt sie statt 8K bieten können, um ihre Kunden zum Kauf neuer TVs zu animieren.

Samsung will nach sieben Jahren wieder auf organische Displays setzen, diesmal in Kombination mit Quantenpunkten: Eine blau leuchtende organische Schicht soll das LED-Backlight ersetzen und die Quantenpunkte das blaue Licht direkt in den Subpixeln ins Grüne und Rote konvertieren (blaue Subpixel leuchten direkt).

(Bild: DSCC)

Was theoretisch relativ simpel klingt, erweist sich in der Praxis komplexer als gedacht. So ist das blaue Licht eine der Schwachstellen – ausgerechnet Blau hat die geringste Lebensdauer im OLED. Noch problematischer scheint die Farbkonvertierung in den Quantenpunkten (QDs) zu sein: Samsung muss sicherstellen, dass das Licht extrem zielgenau auf die Nanopartikel im Subpixel trifft. Dabei muss jegliche Streuung in die und aus den Subpixeln verhindert werden, andernfalls lassen sich keine satten Farben erzeugen. Auch das Umgebungslicht mit seinem Blau- respektive UV-Anteil darf die Quantenpunkte nicht aktivieren.

Eine weitere große Frage: Lassen sich mit cadmiumfreien Quantenpunkten ausreichend satte Farben erzeugen und reicht deren Konversionsrate für den Einsatz als Farbfilter aus? Wenn die QD-OLEDs zukunftssicher sein sollen, muss Samsung bei ihnen auf Cadmium verzichten. Aktuell enthalten Nanopartikel für Grün teilweise noch geringe Mengen Cadmium. Deren Einsatz haben die EU-Behörden im Rahmen der RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) abgesegnet – vorübergehend und mangels effizienter Alternativen.

Cadmiumfreie Nanopartikel wären unter anderem Indiumphosphid-Kerne (InP) gepaart mit einer Zinksulfid-Hülle (ZnS). Die Absorbtionsrate der InP-Varianten ist jedoch geringer als die cadmiumhaltiger Quantenpunkte, was gerade bei dem von Samsung verfolgten Einsatz der Quantenpunkte als Farbfilter eine entscheidende Größe ist. Eine weitere Alternative zu Cadmiumselenid (CdSe) wäre ein bleibasiertes Perowskit-Material, wie es bereits für Solarzellen genutzt wird. Mit halogenen Perowskiten lassen sich sehr effizient satte Farben erzeugen. Allerdings sind bleihaltige Substanzen nicht gerade die umweltfreundlichste Alternative zu Cadmium und sie fallen ebenfalls unter die RoHS-Richtlinie.

Der chinesische Hersteller BOE ­produziert große TV-Panels und kleine flexible Displays in OLED-Technik.

(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't magazin)

Bislang plant Samsung, Anfang 2021 erste Displays mit OLED-Quantenpunkte-Kombinationen zu produzieren. Dafür will man eine vorhandene LCD-Fabrik in eine für QD-OLEDs umwandeln. Ob dieser Zeitplan angesichts der aktuellen Ereignisse eingehalten werden kann, ist fraglich. Bis es soweit ist, muss Samsung an hochwertigen „QLED“-LCDs mit Quantenpunkten festhalten. Denn das angedachte dritte Standbein, selbstleuchtende Displays aus Mikro-LEDs, lässt sich für Schirme unter zwei Meter Diagonale noch schwieriger umsetzen als die geplante OLED-Quantenpunkte-Kombination.

Ohnehin muss sich zeigen, ob Samsung seine OLED-Variante halbwegs kostengünstig fertigen kann, um gegen die OLED-Technik von LG zu bestehen. Nach dem Ausstieg aus der LCD-Fertigung muss Samsung sowohl preiswerte als auch hochwertige Displaytechnik anbieten können. Gelingt das nur mit zugekauften Panels aus China, könnte das Markenimage des koreanischen TV-Primus darunter leiden.

Der chinesische Panelhersteller BOE legte auf der Displayweek 2019 einen großen Auftritt hin.

(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't magazin)

Ein Schlüssel für die effizientere OLED-Fertigung liegt in der Drucktechnik: Wenn das organische Material und die Nanopartikel im Inkjet-Verfahren aufgedruckt werden, ließe sich viel teures Material sparen und die Produktion vereinfachen. Dummerweise scheint ausgerechnet BOE aus China in Sachen Drucktechnik derzeit die Nase vorn zu haben.

Dieser Artikel stammt aus c't 12/2020. (uk)