Auch novelliertes VW-Gesetz findet in Brüssel keine Gnade

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Von
  • ssu

Die Europäische Kommission hat heute angekündigt, erneut gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des VW-Gesetzes vorzugehen, weil auch die von der Bundesregierung Ende Mai verabschiedete Gesetzesnovelle aus Sicht der Kommission gegen EU-Recht verstößt. Der Gesetzentwurf soll dem Land Niedersachen eine Sperrminorität bei der Volkswagen AG sichern. Damit ignoriere die Bundesregierung das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 23. Oktober 2007, findet die Brüsseler EU-Kommission, die ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten will. Der EuGH hatte die im geltenden VW-Gesetz von 1960 verankerte Stimmrechtsbeschränkung auf 20 Prozent und die Vorrechte der Bundesrepublik und des Landes Niedersachsen bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten kritisiert.

Der als PDF-Datei verfügbare Entwurf des Bundeskabinetts für ein geändertes VW-Gesetz vom 27. Mai 2008 hebt zwar die Stimmrechtsbeschränkung auf, schreibt aber vor, dass „bedeutsame Entscheidungen“ in der Hauptversammlung der Volkswagen AG mit einer Mehrheit von 80 Prozent plus einer Aktie getroffen werden müssen. Das würde bedeuten, dass der Großaktionär Porsche die Zustimmung des Landes Niedersachsen – das 20,3 Prozent an VW hält – einholen müsste, sollte er Werksschließungen und / oder die Errichtung neuer Fabriken im Ausland planen. Auch in diesem Griff der Bundesregierung in die juristische Trickkiste sieht die Kommission einen unzulässigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit, auch das novellierte Gesetz würde Investoren davon abschrecken, in VW zu investieren.

Offenkundig ist genau dies die Absicht der Berliner Regierung und des VW-Stammlandes Niedersachsen, die einem Abbau von Arbeitsplätzen im Inland oder einer feindlichen Übernahme der Traditionsmarke auch für die Zukunft einen Riegel vorschieben wollen. Entsprechend enttäuscht zeigte sich Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) über die Ankündigung der EU-Kommission. Diese sei derzeit offenbar nicht bereit und willens, den guten Argumenten der Bundesregierung zu folgen, erklärte Wulff laut n-tv. In den nächsten acht Wochen gelte es, den Nachweis zu führen, dass das vom Bundeskabinett beschlossene VW-Gesetz die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober vergangenen Jahres „1:1“ umsetze.

Anders tönt es hingegen aus Baden-Württemberg. In einer heute verbreiteten Presseerklärung sieht sich die Landesregierung „in ihren Bedenken gegen das VW-Gesetz bestätigt“. „50 Jahre nach der Privatisierung des VW-Werks haben auch die Diskussionen der letzten Monate keinen überzeugenden Grund gezeigt, weshalb die Aktionäre von VW nicht ebenso behandelt werden können wie die Aktionäre anderer Unternehmen. Für eine Privilegierung des Staates als Aktionär besteht kein Anlass“, betonte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) in Stuttgart. (ssu)