Bund forciert Autobahn-Ausbau und -Betrieb durch private Investoren

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Von
  • ssu

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat acht weitere Autobahn-Abschnitte benannt, die in den nächsten Jahren in „Public Private Partnerships“ (PPP) ausgebaut oder saniert werden sollen. Nach einem Vergabeverfahren wird einem privaten Unternehmen oder Konsortium die Konzession mit der Verpflichtung erteilt, die Strecke vertragsgemäß auszubauen und 30 Jahre lang zu betreiben. Außer einer möglichen Anschubfinanzierung soll der Investor einen nicht näher genannten Teil der anfallenden Lkw-Maut erhalten. Die neuen Projekte haben ein Bauvolumen von insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Im Gegenzug erwartet der Bund Mehreinnahmen aus der geplanten Mauterhöhung für Lkw von rund 1 Milliarde Euro, die ausschließlich für den Straßenbau und für Investitionen in das Schienennetz eingesetzt werden sollen.

PPP im Autobahnbau führe zu mehr Effizienz, weil Bau, Erhaltung und Betrieb aus einer Hand erfolgten. Mit den bereits begonnenen Pilotprojekten habe man gute Erfahrungen gemacht, wirbt Tiefensee für seine Pläne. In Bayern (A8 Augsburg – Autobahndreieck München) und Thüringen (A4 Landesgrenze Hessen – Gotha) werde bereits gebaut, für die A1 vom Bremer Kreuz bis Buchholz sei jüngst die Konzession vergeben worden. Die eigentliche Motivation besteht jedoch darin, dass das Bundesverkehrsministerium nicht über ausreichende eigene Mittel verfügt: Zwar habe man 2009 rund 10,2 Milliarden Euro für alle Verkehrsinvestitionen und damit eine Milliarde mehr als 2007. „Aber angesichts eines fast explosionsartigen Verkehrsanstieges reicht selbst das nicht aus“, räumt Tiefensee im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) ein.

Zudem müsste sich die öffentliche Hand 30 Jahre lang nicht um die Instandhaltung der Strecke kümmern – „danach fällt der Autobahn-Abschnitt in einem Top-Zustand an den Bund zurück“. Auch für den Fall, dass ein privater Betreiber in Konkurs gehe, sei der Bund dank des umfangreichen Konzessionsvertrags „gut gegen Schäden abgesichert“. Blaupause für das sehr umfangreiche Vertragswerk sei das Pilotprojekt A8 Augsburg – München in Bayern. Eine Beschreibung des Projekts ist als 1,5 MByte großes PDF-Dokument beim Bayerischen Innenministerium verfügbar.

Voraussetzung für die Vergabe der acht weiteren Autobahnabschnitte als PPP ist, dass diese Variante wirtschaftlicher als das herkömmliche Verfahren ist, teilt das Bundesverkehrsministerium mit. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung für den sechsstreifigen Ausbau der Strecken A8 Ulm – Augsburg in Bayern und der A9 Hermsdorf – Schleiz (Thüringen) soll bis Jahresende abgeschlossen sein. Möglicher Baubeginn wäre das Jahr 2010. Für vier weitere Ausbau-Projekte sollen – bei geprüfter Wirtschaftlichkeit – die Vergabeverfahren im Jahr 2009 oder 2010 starten:

– A1 Lotte – Münster, eventuell zusammen mit der A30 Rheine – Lotte (Nordrhein-Westfalen)
– A6 Wiesloch-Rauenberg – Weinsberg (Baden-Württemberg)
– A7 Bordesholm – Hamburg (Schleswig-Holstein)
– A7 Salzgitter – Drammetal (Niedersachsen

Die Grund- oder Teilsanierung zweier Autobahnabschnitte soll ebenfalls mit privatem Kapital erfolgen:
– A45 Landesgrenze NRW/Hessen – Gambach
– A60 Mainz-Laubenheim – Autobahnkreuz A60/A643 – A643 Schierstein (ssu)