ICRA: Modulare Roboter an Decken-Schienen sorgen für mehr Flexibilität

Maßanfertigung durch Massenproduktion – Schienensysteme unter der Decke sollen die Roboterfertigung flexibler machen. Erste Experimente verliefen positiv.

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ICRA: Modulare Roboter an Decken-Schienen sorgen für mehr Flexibilität

Für die Fortbewegung der Roboter wird die Decke der Fabrikhalle statt des Bodens zu genutzt.

(Bild: Swarmrail)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Maß und Masse sind zwei Stichworte, mit denen sich Anforderungen an die Fabrik der Zukunft beschreiben lassen: Individuelle Maßanfertigungen sollen dort künftig mit der Effizienz von hoch automatisierter Massenproduktion realisiert werden. Die Wunderwerkzeuge, die diese scheinbar unvereinbaren Gegensätze zusammenführen sollen, sind Roboter.

Konventionellen Industrierobotern fehlt es aber häufig an der nötigen Flexibilität, um sich schnell auf wechselnde Kundenwünsche einstellen zu können. Ein Ansatz, diesem Mangel zu begegnen, ist eine modulare Bauweise. Solche aus einzelnen Standardbauelementen zusammengesetzten Roboter hätten die zusätzlichen Vorteile, dass sie durch den Austausch schadhafter Teile leicht repariert werden könnten, erklärt Stefan Liu, der an der TU München das Robotersystem proModular.1 mit entwickelt. Zudem ließen sich solche Systeme durch die Massenproduktion der einzelnen Elemente preisgünstiger herstellen.

Wie aber sollen welche der 52 Einzelteile von proModular.1 miteinander kombiniert werden, um einen Roboterarm zu erhalten, der eine bestimmte Aufgabe möglichst optimal erfüllt? Selbst wenn nur die in der Industrierobotik üblichen Kinematiken berücksichtigt würden, blieben über 38 Millionen Kombinationsmöglichkeiten, so Liu. Zwar reduziere sich diese Zahl wegen zwei verschiedener Interface-Größen bei den Modulen auf 167.936. Aber auch das sind immer noch zu viele Kombinationen, um allein durch Intuition oder Ausprobieren die beste zu finden. Auf der Robotikkonferenz ICRA (International Conference on Robotics and Automation) stellt Liu daher einen Algorithmus vor, der helfen soll, den optimalen Roboter zu bauen.

Bei industriellen Anwendungen, erläutert er, gehe es zumeist darum, einem vorgegebenen Pfad zu folgen (etwa beim Schweißen) oder eine Abfolge vorgegebener Positionen einzunehmen (etwa bei Montagearbeiten). Diese Aufgaben seien definiert durch Parameter wie Taktzeiten, Energieaufwand, Reichweite oder Traglasten. Durch die systematische Eliminierung unmöglicher Posen und Bewegungspfade ließe sich auf dieser Grundlage ein Roboterarm zur Erfüllung der Aufgabe bauen. In der Simulation habe sich das System kommerziellen Robotern gegenüber als überlegen erwiesen. Allerdings falle der Vorteil geringer aus, wenn Beschränkungen berücksichtigt werden müssten, etwa Hindernisse, die vermieden werden müssen.

Als nächste Schritte sind experimentelle Vergleiche mit realen Robotern geplant. Außerdem soll die bei Industrierobotern wichtige Wiederholgenauigkeit berücksichtigt und der Algorithmus noch effizienter gestaltet werden.

Einen ganz anderen Ansatz zur Erhöhung der Flexibilität von Robotern in der Fabrik präsentiert Martin Görner. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat er das Konzept SwarmRail mit entwickelt. Dessen zentrale Idee besteht darin, für die Fortbewegung der Roboter die Decke der Fabrikhalle statt des Bodens zu nutzen. Die quadratisch geformten Roboter mit einer Seitenlänge von 36 Zentimetern bewegen sich dort auf einem Schienensystem, das in der Mitte durchgehend offen ist, sodass die obere mobile Plattform unten mit verschiedenen Modulen, etwa zum Transport oder zur Manipulation, verbunden werden kann.

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Die Roboter haben an jeder Seite zwei omnidirektionale Räder, die so angeordnet sind, dass eine ausreichende Anzahl immer Kontakt mit der Schiene hat und den Roboter stabilisiert. An den in regelmäßigen Abständen eingerichteten Kreuzungen können die Roboter so durch Drehungen um die eigene Achse die Richtung ändern, ohne dass Weichen erforderlich wären. Ecken und Lücken werden durch Sensoren erkannt, die helfen, den Roboter stets in der Mitte der Schiene zu positionieren und das Tempo beim Erreichen einer Kreuzung zu reduzieren.

Erste Experimente mit einem kleinen Demonstrator hätten ermutigende Ergebnisse gebracht und die Funktionalität des Systems bestätigt, so Görner. Zu dessen Vorteilen zählt er die hohe Redundanz: Ausfälle einzelner Roboter ließen sich leicht kompensieren. Zudem könnten mehrere Roboter in flexiblen Konstellationen zusammenarbeiten. Die Schienenstruktur könne problemlos erweitert und unterschiedlich strukturiert werden, etwa zu quadratischen, rechteckigen, sechseckigen Netzen oder Kombinationen davon. Geplant sei jetzt die Errichtung einer größeren Anlage, um das Potenzial des SwarmRail-Konzepts weiter zu erforschen.

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(bme)