Cisco Live 2020 US: Netzwerken aus dem Homeoffice

Durch Corona bekommen Sicherheitsbelange und neue Formen der Zusammenarbeit ordentlich Schub. Cisco glaubt, die richtigen Produkte dafür zu liefern.

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Cisco
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Christoph Karger
  • Prof. Jens-Henrik Söldner

Cisco hat seine Hausmesse, die Anfang Juni in Las Vegas hätte stattfinden sollen, frühzeitig in ein virtuelles Event verwandelt. Aufgrund der Entwicklungen um “Black Lives Matter” in den USA hatte das Management die Veranstaltung um zwei Wochen nach hinten verschoben, um nicht von den sozialen Auseinandersetzungen abzulenken. Die gesellschaftlichen Themen rund um die Bewegung beeinflussen sogar eine technische Konferenz. Nun hat man seine neue Unternehmensvision vorgestellt: “To power an inclusive future for all" löst das langjährige “Changing the way we work, live, learn and play” ab. Wie andere Hersteller will Cisco belastete Begriffe wie Master/Slave und Blacklist/Whitelist aus Produkten und der Dokumentation entfernen.

Die Schwerpunkte der nun zweitägigen Konferenz, die laut Ausrichter rund 125 000 Kunden und Partner anzog, spiegelten erwartungsgemäß das aufgrund der Corona-Krise wichtige Thema wieder: Mitarbeitern ein adäquates Zusammenarbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen, ohne die Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz aus den Augen zu verlieren.

Daher überrascht es nicht, dass Cisco in der Keynote die Themen Collaboration und Security in den Mittelpunkt stellte. Entsprechend viel Raum bekam die Kommunikationsplattform Webex und das Sicherheitskontrollzentrum SecureX im Hauptvortrag.

Vor allem in den USA hat sich Webex als Gattungsbegriff für Plattformen zum Durchführen von Online-Besprechungen und zum Vorführen von Präsentationen etabliert. Durch Corona sind virtuelle Meetings inzwischen gang und gäbe und Webex konnte im April mehr als 25 Milliarden Minuten in Konferenzen verbuchen – dreimal so viele wie im normalen monatlichen Durchschnitt.

Konkurrent Zoom, dessen Gründer Eric Yuan früher bei Webex gearbeitet hat, konnte von einer ähnlichen Basis ausgehend den Faktor 20 verzeichnen und so an Webex vorbeiziehen. Cisco hat es nicht geschafft, seine Plattform ähnlich bedienungsfreundlich wie Zoom zu gestalten und so das starke Wachstum des Mitbewerbers angekurbelt. Woanders sieht man sich allerdings vorn: Datenschutz und Sicherheit liege bei Cisco-Produkten in den Genen, man baue Security-Features von Anfang an in die Produkte mit ein, anstatt sie im Nachhinein aufzusetzen. Als einzige Collaboration-Lösung habe die Plattform das C5-Testat des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik erhalten. Bei Webex Teams könne der Kunde sogar den Key-Server für die Verschlüsselung selbst betreiben. Webex seo sei somit die momentan sicherste Konferenzlösung. So zumindest sieht es Michael von der Horst, Managing Director CyberSecurity bei Cisco.

Seit einiger Zeit steht mit Webex Teams eine Alternative zu Slack und Microsoft Teams zur Verfügung, die chat- und raumorientierte Teamarbeit ermöglicht, bei der jeder Teilnehmer spontan seinen Bildschirm teilen kann. Cisco hat hier die Verzahnung mit anderen Produkten aus der Unified Communications Ecke vorangetrieben. Die letztes Jahr vorgestellte Unified Webex App wurde verbessert und mit CUCM (Cisco Unified Communications Manager), ServiceNow und Webex Teams verknüpft.

Webex Control Hub dient als Backend, mit dem Administratoren die Verwendung von Webex überwachen und umgehend eingreifen können, sollte ein Anwender während des Meetings in technische Schwierigkeiten geraten. AI- und ML-Techniken sollen dem Anwender die Arbeit erleichtern: Nutzer der Unified Webex App bekommen einen persönlichen digitalen Assistenten zur Seite gestellt, der auf Zuruf Notizen aufschreibt oder Highlights im Meeting setzt. So können Anwender Passagen von Besprechungen, an denen sie nicht anwesend waren, einfacher abrufen.

Cisco bietet zusätzlich optimierte Hardware für Konferenzen an. In Deutschland ist seit Februar der Webex Desk Pro verfügbar, eine Kombination aus Hard- und Software bestehend aus einem 27“ Touch Screen, der mit Features wie Geräuschunterdrückung, Gesichtserkennung und automatischer Kameraausrichtung sowie dem AI-basierten Personal Assistant aufwartet. AI hat auch beim Contact Center Einzug gehalten, das den Markt der Call Center bedient. Call-Center Agenten sollen so aufsteigen zu „AI augmented super agents“. KI hilft ihnen zum Beispiel beim schnellen Auffinden notwendiger Dokumente.

Schon auf der RSA Conference 2020 im Februar gab Cisco erste Einblicke in sein Sicherheitskontrollzentrum SecureX, eine Cloud-Plattform, die Kunden beim Security-Management und Betrieb unterstützt. Denn deren Sicherheitskonzepte basieren in der Regel auf zahlreichen Werkzeugen verschiedener Hersteller. SecureX integriert Sicherheitsprodukte von Cisco mit denen anderer Hersteller und fügt eine übergreifende Managementschicht hinzu. Kunden, die ein beliebiges Sicherheitstool von Cisco im Einsatz haben, sollen SecureX kostenfrei einsetzen dürfen.

Cisco Security stellte weitere Produkte vor, die Remote-Arbeitsplätze sicherer machen sollen. Interessant könnte vor allem Cloud Mailbox Defense for Office 365 sein. Auch hier soll KI im Hintergrund arbeiten, um die Anwender vor E-Mail-Bedrohungen rund um Phishing, Ransomware, Spoofing und Spam zu schützen.

Uwe Peter, Ciscos Deutschland-Chef, glaubt, dass Unternehmen sich derzeit wappnen, um besser durch die nächsten Krisen zu kommen.

Uwe Peter, Deutschland-Chef von Cisco, fasste zusammen: „Für viele Unternehmen in Deutschland wird es auch in Zukunft eine Hybridform zwischen Büro und Heimarbeitsplatz geben. Die IT-Herausforderungen dafür hätten sich aber nicht grundlegend geändert, sondern seien durch COVID nur sichtbarer geworden. Man habe in den letzten Wochen gesehen, dass Business Resilience, Agilität und Sicherheit für Unternehmen enorm an Bedeutung gewonnen haben.“ Laut Peter planen viele IT-Abteilungen auf dieser Grundlage für den Herbst, um auf eine mögliche zweite Corona-Welle vorbereitet zu sein.

Ob die nächste Cisco Live wieder wie gewohnt stattfinden kann, weiß niemand. Derzeit ist die Cisco Live Europe für den 8. bis 12. Februar in Amsterdam geplant. (jd)