Wirecard-Vorstand setzt auf Fortführung des Geschäfts

Während Wirecard weiter auf die Fortsetzung des Geschäfts hofft, stehen einige Kreditkartennutzer derzeit ohne Zahlungsmöglichkeit da.

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Wirecard-Vorstand setzt auf Fortführung des Geschäfts

(Bild: Wirecard)

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Der nach einem Bilanzskandal ums Überleben kämpfende Zahlungsabwickler Wirecard setzt trotz des Insolvenzantrags auf eine Fortführung des Geschäfts. "Der Vorstand ist der Meinung, dass eine Fortführung im besten Interesse der Gläubiger ist", teilte der Dax-Konzern am Samstag mit.

Der Vorstand hatte für die Wirecard AG am vergangenen Donnerstag einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Die Prüfung, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird, dauert nach Angaben des Unternehmens an. Der Geschäftsbetrieb der Konzerngesellschaften inklusive der lizenzierten Einheiten werde aktuell fortgesetzt, hieß es weiter. Es werde laufend geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Tochtergesellschaften der Wirecard Gruppe gestellt werden müssen. Konzerngesellschaften mit Ausnahme einer kleinen Entwicklungsniederlassung hätten derzeit keine Insolvenzanträge gestellt.

Die Wirecard Bank sei aktuell nicht Teil des Insolvenzverfahrens, der Zahlungsverkehr der Wirecard Bank sei nicht betroffen, betonte das Unternehmen. Auszahlungen an Händler der Wirecard Bank würden weiterhin ohne Einschränkungen ausgeführt. Man stehe zudem "im stetigen Austausch mit den Kreditkartenorganisationen".

Die Wirecard Card Solutions Limited mit Sitz in Newcastle habe aufgrund einer Anordnung der zuständigen Aufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority) allerdings "ihre Geschäfte unterbrochen", hieß es weiter. Das hat Auswirkungen auf andere Finanzdienstleister: So musste die virtuelle Kreditkarte Curve vorübergehend die Zahlungsabwicklung einstellen, weil die von Wirecard herausgegebenen Kreditkarten nicht mehr funktionieren. Derzeit arbeite man weiter an einer ohnehin geplanten Umstellung auf eine andere Lösung. Auch die Wirecard-Tochter boon ist betroffen. Mit deren physischen und virtuellen Karten lässt sich derzeit nicht mehr zahlen. Da diese oft als Umweg für Dienste wie Apple Pay und Google Pay genutzt wurden, dürften weltweit Nutzer von der Geschäftsunterbrechung betroffen sein.

Auslöser für den Insolvenzantrag war das Eingeständnis mutmaßlicher Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro – nun droht die Zahlungsunfähigkeit. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY (Ernst & Young), die den Jahresabschluss 2019 prüfte, geht von Betrug in internationalem Maßstab aus.

Im Gegenzug prüfen mehrere Parteien eine Klage gegen EY. So will der Investor Softbank gegen den Dienstleister vorgehen, dem man eine zu nachlässige Prüfung der Jahresabschlüsse in den letzten Jahren vorwirft. So soll man keine Kontoauszüge von den Banken angefordert haben, die die vermeintlichen Wirecard-Milliarden verwahrten. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat derweil Strafanzeige gegen die Wirtschaftsprüfer erstattet.

Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Vorstandschef Markus Braun und weitere ehemalige und aktive Spitzenmanager. Das Münchner Amtsgericht hatte den Anwalt Michael Jaffé als vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt, der nun zunächst die Überlebensfähigkeit des Unternehmens einschätzen muss.

(asp)