Computernetzwerke machen sozial

Ein wissenschaftlicher Artikel zum Thema Computernetzwerke und Sozialkontakte räumt mit verbreiteten Vorurteilen auf.

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Von
  • Christian Kruggel

Barry Wellman von der Universität in Toronto ist sich sicher: Computernetzwerke sind längst soziale Netze geworden. Während in der Öffentlichkeit der Computernutzer häufig als Eigenbrötler und Einzelgänger hingestellt wird, weist Wellman vor allem auf den Charakter gemeinsam erbrachter Arbeit hin, bei der Computer und Computernetzwerke als Infrastruktur eine wichtige Rolle spielen. In seinem Artikel "Computer Networks As Social Networks" kommt Wellman zu dem Ergebnis, dass das Internet als ein zusätzliches Kommunikationsmedium soziale Kontakte aller Art fördert und insbesondere lose Beziehungen über große Distanzen stärkt.

Der Wissenschaftler argumentiert ausgewogener als sein Kollege Robert Kraut, der mit populären Thesen zum Internet von sich Reden machte. Kraut hatte 1998 behauptet, die Beschäftigung mit dem Internet mache depressiv, bevor er in einer späteren Studie sagte, diese Effekt bestünde nicht mehr. Mit dieser letzten Studie hat Kraut eine Wende um 180 Grad vollzogen und behauptet nun, das Netz fördere Geselligkeit.

Wellman geht davon aus, dass Technologie nicht eigenständig einen sozialen Strukturwandel herbeiführt. Er betrachtet das Netz nur als eine Kommunikationsmöglichkeit unter anderen. Aus diesem Grund kann Wellman die widersprüchlichen Thesen seines Kollegen zusammenfassen. Wellman räumt ein: Das Internet kann Nutzer vereinsamen lassen – wenn sie das Medium nicht zu nutzen verstehen. Wer aber den Rechner beherrscht und sich sicher im Netz bewegt, dem helfen diese Fähigkeiten, Kontakte zu pflegen. (chk)