Was war. Was wird.
Wie immer möchte Hal Faber den Blick für die Details schärfen: In dieser Woche für Anwender-Hinzeigeeinrichtungen, eine Klausur in Redmond und versteckte Internet-Pfade.
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.
Was war
*** Sorry. In der vergangenen Woche bezweifelte ich, dass Q bei Bond weiterleben wird. Es hagelte Proteste. "Lass sie mit Falschheit mich beschuldigen, ich aber antworte ehrenvoll": Q lebt weiter. Auch wenn er jetzt beim CIA arbeitet. Da konstruiert er Chips, die sich selbst in die Luft sprengen. OK? Und daheim, aus dem Python-Land der Maschinen, die Pling machen, kommen nun Maschinen, die unverhofft Bumm machen. Mindestens.
*** Das wichtigste Ereignis in einer nicht gerade ereignislosen Woche war zweifelsohne das interne Memo von Bill Gates, in dem er seine Firma auf das Trustworthy computing einschwört. Im nasskalten Januar fällt Ostern und Pfingsten auf einen Tag, liebe Freunde und Kupferstecher!
Da rieben sich manche verdutzt die Augen, verglichen den Begriff mit der Operation Enduring Freedom oder suchten in ihrem Microsoft-Lexikon händeringend nach dem neuen Begriff. "Trustworthy computing", das klingt, als ob AOL der flächendeckenden Verteilung von CDs abschwört. Aber halt, das zumindest stimmt: "Vergessen Sie CDs und Multimedia, unsere AOL-Lernkärtchen sind unschlagbar", heißt es beim AOL-Verlag, dessen Kürzel sich aus den Verben arbeiten, organisieren, lernen zusammensetzt. Es gibt also Hoffnung. Und einen ganzen Monat wollen Tausende von EntwicklerInnen bei Microsoft in Klausur gehen! In Mannjahren gerechnet ist das sicher länger, als Jesus in der Wüste war oder Zarathustra im Gebirge. Meine Anerkennung ist fast freiwillig und ganz grenzenlos: Im Gegenzug zum "Trustworthy computing" verpflichten wir uns zum "Skeptical reporting" und ... Sendepause, Sendepause, Schweigen...
***"Trustworthy Computing is computing that is as available, reliable and secure as electricity, water services and telephony." Bitte, dieser Satz aus dem Mund von Bill Gates ist der Beweis dafür, was das Web alles aushalten kann. In zehn Jahren kommen wir genau zu dieser Stelle zurück und wundern uns, dass sich Computer früher tatsächlich einmal aufhängten, dass man Patches downloadete und Fixes ergooglete. Womit ich bei der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung bin, die sich in Vorbereitung auf eine Bundestagsdebatte zur Fremdwörterei in der nächsten Woche unter anderem mit dem Download und der Begriffsverwirrung bei der Maus befasste. Brauchen wir das Herunterholen von Dateien und eine Anwender-Hinzeigeeinrichtung? Und ist Klicken nicht schon durch und durch anglisiert? In den Köpfen der Kind^H^H^H^H Konsoleros klickt es jedenfalls schon lange nicht mehr. Die Akademie hat jedenfalls daran festgehalten, dass die deutsche Sprache eine besondere "grammatische Integrationskraft besitzt, mit dem besonderen Vermögen, Entlehnungen sofort einen Flexionstyp zuzuordnen".
*** Zu diesem Zeitpunkt hatte die Akademie noch nicht gelesen, wie man im Kimpire ohne Vorwarnung kimhaftiert werden kann. Das Kimpire fand sich aber auch wirklich nur, wie Kimbild wusste, auf schwer versteckten Internet-Pfaden. Ja, so ein Mirror ist schon eine harte Nuss, nicht nur für den Leser. Eigentlich ein schöner Auftrag für die Wortfindungskommission der Deutschen Akademie. Eingreiftruppe Boulevard-Blatt, übernehmen Sie!
*** Read the fucking manual! Sorgen wir uns jetzt nicht um die verrohende Wirkung der Aufforderung, geschrieben in der Sprache Shakespeares. Betrachten wir nüchtern den Satz, so steht da nur, dass man Handbücher lesen soll. Obwohl die Datierung an Genauigkeit zu wünschen übrig lässt, ist dieser Satz jetzt 50 Jahre alt geworden: Ende Januar 1952 erschien im Verlag der University of Wisconsin Press das erste Computer-Handbuch. Es hieß bezeichnenderweise The Computer Manual und nicht etwa Lochkarten für Dummies, obwohl der Autor Fred Gruenberger darin erklärte, was es mit Lochkarten auf sich hat und wie man mit ihnen arbeitet. Der Mann muss ein Geek gewesen sein. Sein nächstes Buch Introduction to Electronic Computers: Problem Solving with the IBM 1620 hatte ein Cover, auf dem die ersten hundert Seiten des Buches extrem verkleinert wiedergegeben wurden. Er wolle endlich mit dem Vorurteil aufräumen, dass man ein Buch nach seinem Umschlag beurteilen kann, erklärte Gruenberger im Jahre 1963. 50 Jahre Handbücher und niemand da, der die gesammelte Attacken auf den gesunden Menschenverstand beschreibt? Wird diese leere Seite der Computergeschichte absichtlich frei gelassen? Würdigt niemand Handbücher im Stil des Werks, das Nolan Bushnell für sein Pong-Spiel verfasste? Eine ganze Seite für den Spielablauf -– darauf nur ein einziger Satz: "Avoid missing the ball".
Und was ist mit den deutschen Handbüchern, die das Lesen des englischen Originals empfehlen, weil die Übersetzer die Software niemals zu Gesicht bekamen? Oder die immer noch staunenswerte Leserbeschimpfung der deutschen Handbuchautoren des DFÜ-Programmes Procomm, doch bitte nicht als Dichter und Denker den Computer zu quälen. Ganz zu schweigen von den Handbüchern, nach deren Lektüre die Leser den Verstand verloren. Ich sollte fair sein: zwischen fehlerhaften und unsinnigen Handbüchern und der Computerpresse gibt es das, was Grammatiklehrer Kausalnexus nennen, wenngleich die EDV-Presse an manchen Orten schwächelt. Wenn alle Handbuchschreiber die Weisheit gelöffelt hätten, wer weiß, wie es um die Periodika stände.
*** Nein, das Manual von Gruenberger ist natürlich streng genommen nicht das erste Computerbuch gewesen, wie oben erwähnt. Ja, das erste erschien bereits ein Jahr früher bei Addison-Wesley Press mit dem Titel The Preparation of Programs for an Electronic Digital Computer. Geschrieben hat es ein gewisser Maurice V. Wilkes, ehemaliger Leiter des Computer-Labors der University of Cambridge und ein Liebhaber von Heidelbeerkuchen.
Was wird
*** In Paderborn ist der Andrang zur Ausstellung Computer.Gehirn so groß, dass die Ausstellung um einen Monat verlängert wurde. Besonders Schulklassen interessieren sich für kurzweilige Effekte und wie es nach dem Ende der Menschen weitergehen soll. So zumindest steht es in der Verlängerungsankündigung. Da bleibt nur zu hoffen, dass das Handbuch für Festplattenpartitionierungen zusammen mit dem Hirn auf der Festplatte gespeichert wurde.
*** In Göteborg steigt eine Messe, die nach Aussagen der Organisatoren die europäische IT-Landkarte verändern wird. Diese diffuse, jetzt schon dröhnende, von den Massen überrannte CeBIT in unserer Nachbarschaft soll von einer Comdex Nordic und einer Comdex Schweiz in die Zange genommen werden. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch kälter geht. Und das mit der Zange, das ist wirklich mutig.
*** Vielleicht ist Köln gemütlicher, trotz Karneval. Am Montag und Dienstag findet dort die große Konferenz zur Sicherheit in Rechnernetzen und Kommunikationssystemen statt. Sicherlich bietet diese Konferenz ein angemessenes Terrain für Spezialisten, um über Fortschritte bei der Abteilung Lausch und Horch zu diskutieren, die in Luxemburg verkündet wurden. DES soll in die Tonne getreten werden, doch die Details dazu sind nicht bekannt, da die Geheimdienste der Luxemburger und die Regierung dem Erfinder nach seinen Angaben eine Maulkorb verpasst haben. Nicht bekannt ist auch, ob dabei andere Geheimdienste eine Rolle spielen. Für Wanzen und Algorithmen gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. (Hal Faber) / (em)