5G-Netze: Briten schließen Huawei aus

London hat entschieden: Ab 2021 dürfen britische Netzbetreiber keine 5G-Ausrüstung mehr von Huawei kaufen, bis 2027 muss bestehende Technik ersetzt werden.

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Huawei und 5G-Netz-Ausbau

5G soll in Großbritannien ohne Huawei stattfinden.

(Bild: dpa, Han Yan/XinHua)

Lesezeit: 4 Min.
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Die britische Regierung will Technik des chinesischen Ausrüsters Huawei wie erwartet aus den 5G-Mobilfunknetzen des Landes heraushalten. Den Netzbetreibern soll ab Jahresbeginn 2021 verboten werden, 5G-Technik von Huawei einzukaufen. Darüber hinaus sollen die Anbieter existierende Huawei-Hardware in ihren 5G-Netzen bis 2027 zurückbauen und durch Technik von anderen Herstellern ersetzen. Das erklärte Digitalminister Oliver Dowden am Dienstag nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats mit Premierminister Boris Johnson.

Bisher hatte auch die britische Regierung den europäischen Kurs verfolgt, Huawei aus den sensiblen Kernnetzen herauszuhalten, sah auf der Funkseite des Netzes aber keinen Handlungsbedarf gegen den chinesischen Ausrüster. Den nun vollzogenen Kurswechsel, der sich bereits angedeutet hatte, begründet die Regierung mit der Neubewertung der Lage, die das Nationale Cybersicherheits-Zentrum (NCSC) des Geheimdienstes GCHQ nach der Verschärfung der US-Sanktionen gegen Huawei abgegeben hatte.

"Angesichts der US-Sanktionen gegen Huawei und des geänderten technischen Ratschlags unserer Cybersicherheitsexperten hat die Regierung beschlossen, dass der Ausschluss Huaweis aus unseren 5G-Netzen notwendig ist", erklärte Dowden am Dienstag vor dem britischen Unterhaus. Das Ziel sei jetzt, den Huawei-Bann auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. "Bis zur nächsten Wahl werden wir den vollständigen Rückbau von Huawei-Ausrüstung aus unseren 5G-Netzen unwiderruflich gesetzlich geregelt haben."

Das NCSC hatte vor dem Einsatz von Huawei-Technik in 5G Netzen gewarnt, weil der Ausrüster durch die verschärften US-Sanktionen nicht mehr auf etablierte westliche Zulieferer zurückgreifen kann und seine Lieferketten umstellen muss. Damit sei es künftig nicht mehr möglich, die Sicherheit der Geräte zu garantieren.

Von den US-Sanktionen sei auch Equipment für Glasfasernetze betroffen, hieß es weiter. Die britische Regierung möchte verhindern, dass sich Netzbetreiber von nur einem Anbieter abhängig machen, und empfiehlt daher, auch Huawei-Technik in den Festnetzen zu ersetzen. Ein Zeitplan dafür steht noch nicht, allerdings rechnet die Regierung eigenen Angaben zufolge, dass Rückbau und Ersatz "nicht länger als zwei Jahre" dauern dürften.

Technik für 2G, 3G oder 4G (LTE) ist von der Regierungsentscheidung nicht betroffen. Allerdings baut 5G-Technik auf der Vorgängergeneration 4G auf, sodass sich Netzbetreiber durch die Regierungsentscheidung gezwungen sehen könnten, auch ihre komplette 4G-Infrastruktur zu ersetzen. Alle vier Mobilfunknetzbetreiber auf der Insel setzen Huaweis Funktechnik im Mix mit mindestens einem weiteren Ausrüster ein (in der Regel sind das Nokia und Ericsson). Beim Anbieter EE kommt Huawei auch im Kernnetz im Einsatz, allerdings läuft hier schon der Austausch gegen Nokia.

Huawei warnte angesichts der Entscheidung der Briten vor Konsequenzen für Europa. "Die britische Regierung begründet ihren enttäuschenden Kurswechsel nicht mit einem Fehlverhalten Huaweis, sondern mit den ungerechtfertigten Sanktionen der US-Regierung", erklärte ein Sprecher von Huawei Deutschland gegenüber heise online. "Dadurch könnte die US-Regierung die Vielfalt auf dem Anbietermarkt reduzieren, was die europäische Digitalwirtschaft schädigt und die digitale Souveränität Europas angreift". Das Verhalten der US-Regierung gefährde die globale Zusammenarbeit und führe zu "höheren Preisen und schlechterer Qualität".

Während die britische Regierung ihre Entscheidung mit den Erkenntnissen der Sicherheitsexperten begründet, dürften auch wirtschaftspolitische Erwägungen eine Rolle spielen. Die USA befinden sich im Handelskrieg mit China. Großbritannien hofft nach dem Austritt aus der Europäischen Union auf ein Handelsabkommen mit den USA. Ein Streit um Huawei hätte die Verhandlungen erheblich belasten können. Doch auch mit China hofften die Briten nach dem Brexit auf ein erhöhtes Handelsvolumen. Die Beziehungen mit Peking sind derzeit durch den Streit um das von China eingeführte Sicherheitsgesetz in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong ohnehin erheblich angespannt.

Mit der wachsenden Opposition gegen Huawei nehmen auch die Bemühungen um Alternativen zu. Die Briten versuchen zusammen mit weiteren G7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA, Vereinigtes Königreich) sowie Australien, Indien und Südkorea eine internationale 5G-Allianz zu schmieden. Die Allianz solle Alternativen zu Huawei entwickeln und der technologischen sowie wirtschaftlichen Dominanz der Chinesen etwas entgegensetzen. Damit könnten einerseits Wettbewerber wie Nokia und Ericsson, aber auch kleinere Anbieter wie Samsung und NEC gestärkt werden. Auch in das quelloffene OpenRAN könnte die Allianz verstärkt investieren.

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