Ethik in der Softwareentwicklung: Probleme und Lösungen

Software spielt in immer mehr Bereichen unseres Alltags eine immer größere Rolle. Für Softwareentwickler bedeutet das viel Macht und eine Menge Verantwortung.

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Ethik in der Softwareentwicklung: Wann, wer und wie?
Lesezeit: 18 Min.
Von
  • Dr. Stefan Brandenburg
  • Prof. Markus Feufel
Inhaltsverzeichnis
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Bereits seit einigen Jahren wächst die Bedeutung ethischer Aspekte bei der Entwicklung von Software und digitalen Services. Aktuelle Trends wie Ubiquitous Computing, künstliche Intelligenz, autonome und automatisierte Assistenzsysteme und Big Data führen in sehr kurzer Zeit zu ganz neuen und oft unerwarteten ethischen Herausforderungen. Im Gegensatz zu den technischen Herausforderungen und Möglichkeiten digitaler Innovationen werden deren Auswirkungen auf Nutzer und die Gesellschaft bisher kaum oder erst dann diskutiert, wenn der öffentliche Druck steigt (ein Beispiel ist die Datenschutzproblematik der Corona-Warn-App).

Dabei werden die Möglichkeiten, mithilfe scheinbar zusammenhangsloser Nutzerdaten Verhalten individuell vorherzusagen und zu beeinflussen, oft unterschätzt. So genügen nach vier Interneteinkäufen mit Kreditkarte wenige Metadaten wie Ort und Zeit des Einkaufs sowie Kaufsumme, um die Identität des Käufers oder der Käuferin in eigentlich anonymisierten Datensätzen mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Aus dem Muster aktivierter Bewegungsmelder in einem Gebäude kann in ähnlicher Weise zurückverfolgt werden, wer wie oft auf die Toilette geht und ob er oder sie sich danach die Hände wäscht.

Eine Auseinandersetzung mit potenziellen ethischen Auswirkungen sollte daher auch bei scheinbar einfachen und Standard-Softwarelösungen stattfinden, sodass ungeplante ethische Nebenwirkungen frühzeitig erkannt, berücksichtigt und transparent gemacht werden können. Noch besser ist es, wenn Ethikfachleute Entwicklungsprojekte kontinuierlich begleiten und beispielsweise in Form von iterativen Workshops zum Hinterfragen des eigenen Vorgehens, zum Identifizieren von Problemen und zur Ableitung möglicher Lösungen auffordern. Doch woher kommen diese Ethikexperten? Was kann man tun, wenn kein Kontakt zu ihnen besteht? Und wie können ethische Aspekte bei der agilen Entwicklung neuer Software unter hohem Zeit- und Ressourcendruck berücksichtigt werden?