Probleme mit Corona-Warn-App auch auf iPhones – Kritik an Regierung

Nach Problemen auf Smartphones mit Android-System wurden jetzt auch Schwierigkeiten bei iOS-Geräten bekannt. Die Bundesregierung gerät in Erklärungsnöte.

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Probleme mit Corona-Warn-App auch auf iPhones - Kritik an Regierung

(Bild: SAP)

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Nach den technischen Problemen bei der Corona-Warn-App auf Android- wie auf iOS-Smartphones wird die Kritik an der Bundesregierung lauter. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte am Samstag Aufklärung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die App sei ein wichtiger Baustein, um das Coronavirus in Schach zu halten, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. "Jetzt soll auf immer mehr Smartphones die Kontaktüberprüfung nur lückenhaft funktionieren. Das beunruhigt die über 15 Millionen Nutzer."

Auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, befürchtet, dass das nötige Vertrauen in die App Schaden nehmen könnte. Er forderte: "Die Bundesregierung muss nach dieser Pannenserie für Transparenz sorgen und gezielt App-Nutzer, Öffentlichkeit und das Parlament umgehend und umfassend informieren."

Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte inzwischen, dass es wie bei Android-Geräten auch bei iPhones mit dem Betriebssystem iOS Probleme gebe. Die Apple-Geräte wiesen "offenbar betriebssystembedingte Einschränkungen der Hintergrundaktualisierung" auf. Die Corona-Warn-App tausche zwar stets zuverlässig anonyme Codes aus. Sie gleiche die Codes auch mit dem Server ab – allerdings nicht immer, wenn sie nur im Hintergrund laufe. "Wird die App geöffnet, führt sie den Serverabgleich in jedem Fall durch. Auch auf iOS-Geräten hat die App also diese ganze Zeit über funktioniert", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums.

Die Entwickler arbeiten demnach mit Hochdruck an einem Weg, die systembedingten Einschränkungen zu umgehen, bis Apple das Systemproblem selbst gelöst habe. Zuvor hatte das ARD-Portal tagesschau.de berichtet, Nutzer von iPhones seien teilweise mehr als 10 Tage lang nicht durch die App informiert worden, ob sie Kontakt zu Infizierten hatten oder nicht. Ähnliche Probleme waren auch schon von Geräten mit dem Android-System bekannt geworden.

Die Corona-Warn-App soll auch dann im Hintergrund weiterlaufen und Daten aktualisieren, wenn sie nicht geöffnet ist. Wenn es eine Begegnung mit einer Person gab, die später positiv auf das Coronavirus getestet wurde, soll das Handy den Besitzer eigentlich aktiv mit einer Benachrichtigung auf das erhöhte Risiko hinweisen. "Das Problem, das wir haben, ist, dass die Hintergrundaktualisierung vom Betriebssystem offenbar nicht aufgerufen wird", sagte der Software-Architekt der App beim Konzern SAP, Thomas Klingbeil, laut tagesschau.de zu den Problemen beim Betriebssystem iOS.

Ursache der Probleme unter iOS ist laut dem Bericht ein Bug im Scheduler, über den die Corona-Warn-App einmal täglich im Hintergrund Daten vom Server lädt. Da der Scheduler mitunter fehlerhaft arbeite, unterbleibe manchmal dieser Datenabruf. Die Entwickler hätten Apple über das Problem informiert und das Unternehmen habe den Fehler inzwischen auch eingeräumt und arbeite an einer Behebung.

[Update 26.7.2020. 10:24 Uhr:] Das Entwicklerteam habe am Samstag einen Weg gefunden, die betriebssystembedingten Einschränkungen zu umgehen, bis Apple das Systemproblem selbst gelöst habe, heißt es in der Mitteilung. Dazu müssen die Anwender ein Update auf die Version 1.1.2. vornehmen. Für die vollständige Aktivierung des Updates müssten die Anwender dann die App einmal aufrufen. "Dies gilt auch dann, wenn ein Smartphone über längere Zeit ausgeschaltet war." Für Android-Anwender steht schon seit einigen Tagen ein Update der Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts bereit. [/Update]

Unter Android besteht das Problem mit der ausbleibenden Hintergrundaktualisierung nach Erläuterungen von SAP in einer speziellen Konfiguration zum Energiesparen, die manche Smartphone-Hersteller entgegen den Google-Standards in ihren Modellen implementiert haben (etwa Samsung oder Huawei). Diese speziellen Akku-Einstellungen haben auf betroffenen Geräten die Hintergrundaktualisierung von Apps unterbunden, sofern Nutzer dies nicht explizit manuell wieder geändert haben. Manche Hersteller hätten bereits angekündigt, diese Vorgaben zu ändern. Der Schlüsselaustausch mit anderen Nutzern soll jedoch jederzeit funktioniert haben, betont SAP.

Der FDP-Politiker Theurer plädierte für eine Kommunikationskampagne, um Vertrauen zurückzugewinnen und die Menschen vom Nutzen der App zur Bekämpfung des Virus neu zu überzeugen. Zudem müsse die Regierung dafür sorgen, dass die technischen Probleme schnellstens bei allen Geräten und Betriebssystemen behoben werden. "Schließlich fordere ich die Bundesregierung auf, Lösungen für ältere Smartphones und zur vernetzten Anwendung der App in ganz Europa zu entwickeln", sagte Theurer der Deutschen Presse-Agentur.

Die Corona-Warn-App soll helfen, Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen. Außerdem kann sie dazu beitragen, dass Menschen nach einem Coronavirus-Test möglichst schnell ihr Testergebnis digital erhalten und über die App anonym mögliche Kontaktpersonen warnen können, wenn diese auch die App installiert haben. Mittlerweile wurde die App 16,2 Millionen Mal heruntergeladen.

(tiw)