Zuckerberg beklagt gedämpftes Wachstum und kritische Sicht auf Facebook

Bei Facebook geht die Umsatzwachstumsrate um fast die Hälfte zurück. Zuckerberg beklagt, dass das soziale Netzwerk schlecht geredet werde.

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Zuckerberg beklagt gedämpftes Wachstum und kritische Sicht auf Facebook

(Bild: Lloyd Carr/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Der Facebook-Boykott durch Werbekunden aus Protest gegen Hassrede zeigt Wirkung. Facebook nannte die Kampagne als einen Faktor für die aktuelle Umsatzentwicklung im zweiten Quartal 2020. Firmenchef Mark Zuckerberg sah sich zudem bei der Vorlage aktueller Quartalszahlen zu einer für ihn ungewöhnlichen Verteidigungsrede gezwungen.

"Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen dem, wie die große Mehrheit der Leute unsere Dienste erlebt und dem Eindruck, den man gewinnen könnte, wenn man nur die Kommentare über Facebook liest", beklagte Zuckerberg am Donnerstag. Der überwiegende Teil der Facebook-Nutzung bestehe darin, dass Menschen ihre täglichen Erlebnisse mit Freunde teilten, sich unterhaltsame Inhalte anschauten oder Sachen kauften und verkauften, argumentierte er. "Und doch scheinen einige fälschlicherweise anzunehmen, dass es beim Großteil der Inhalte auf unseren Diensten um Politik, Nachrichten, falsche Informationen oder Hass geht."

Zugleich verwies Zuckerberg darauf, dass das Facebook-Geschäft weniger von einigen großen Werbekunden abhänge als von der Masse kleiner und mittlerer Unternehmen wie Cafés, Restaurants oder Handwerker. In der Corona-Krise fuhren viele von ihnen die Werbeausgaben zeitweise zurück, weil ihre Geschäfte geschlossen blieben – andere wichen aber auch ins Internet aus, um ihre Kunden zu erreichen.

Für Facebook bedeutete die Entwicklung eine deutliche Abschwächung des Wachstumstempos im vergangenen Quartal. Der Umsatz wuchs dem Geschäftsbericht Facebooks zufolge im Jahresvergleich um elf Prozent auf 18,8 Milliarden US-Dollar, umgerechnet etwa 15,8 Milliarden Euro. In den ersten Juli-Wochen habe es ein ähnliches Wachstum gegeben. Vor der Krise waren in Facebooks Geschäft Wachstumsraten von über 20 Prozent an der Tagesordnung.

Im Juli folgten über 1000 Werbekunden – darunter Schwergewichte wie Coca-Cola, Unilever, Volkswagen und SAP – dem Boykottaufruf #StopHateForProfit von Bürgerrechtsgruppen und stoppten zeitweise ihre Werbeanzeigen bei Facebook, der wichtigsten Einnahmequelle des sozialen Netzwerks.

Zugleich steigen die Nutzerzahlen bei Facebook aber weiter schnell. Im vergangenen Quartal kamen erneut 100 Millionen monatlich aktive Nutzer hinzu – inzwischen sind es insgesamt 2,7 Milliarden. Jeden Tag griffen im zweiten Quartal auf Facebook 1,79 Milliarden Nutzer zu – 60 Millionen mehr als noch drei Monate zuvor.

Mindestens ein Facebook-Produkt – darunter die Fotoplattform Instagram und der Chatdienst WhatsApp – suchten monatlich 3,14 Milliarden Nutzer auf. Das war ein Plus von 150 Millionen binnen drei Monaten. Allerdings warnte Facebook, dass sich das Wachstum der Nutzerzahlen vermutlich abschwächen werde, wenn die Ausgehbeschränkungen in verschiedenen Weltregionen gelockert werden.

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Der Gewinn fiel mit fast 5,2 Milliarden Dollar in etwa doppelt so hoch aus wie im Vorjahresquartal. Damals wurde das Ergebnis allerdings unter anderem von einer Zahlung von zwei Milliarden Dollar nach Ermittlungen der Verbraucherschutzbehörde FTC belastet.

Die Facebook-Aktie stieg im nachbörslichen Handel um etwas mehr als 6 Prozent, da die Zahlen die Erwartungen der Analysten übertrafen. Das Papier lag am Freitagmorgen bei einem Wert von 210,35 Euro und hat damit den bisherigen Tiefststand von Mitte März längst überwunden.

Zuckerberg kritisierte, dass geplante Maßnahmen gegen das Tracking der Web-Nutzung für Werbezwecke nicht nur Facebook, sondern viel stärker kleine Unternehmen treffen würden, weil ihre Anzeigen dann weniger effizient wären. "Das würde die Möglichkeiten der kleinen Unternehmen so stark einschränken, dass es vermutlich auf volkswirtschaftlicher Ebene spürbar sein dürfte", sagte er. "Ist es wirklich das, was die Politik inmitten von Pandemie und Rezession will?" Facebook verweist unter anderem auf die geplanten Vorkehrungen zum Schutz der Privatsphäre in Version 14 des iOS-Betriebssystems von Apples iPhones, deren Folgen für das Werbegeschäft man noch nicht abschätzen könne. (mit Material der dpa) / (olb)