Kopierte Liedtexte: Millionenklage gegen Google scheitert

Google soll Liedtexte von Genius abgegriffen und hartnäckig selbst veröffentlicht haben. Genius Klage scheitert, weil sie Google gar nichts Relevantes vorwirft.

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Zachary Richard mit Gitarre vor Mikrofonständer

Das Symbolfoto zeigt den aus Louisiana stammenden frankophonen Liedermacher Zachary Richard bei einem Konzert in Memramcook, Neubraunschweig, Kanada, im Jahr 2017.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Die Liedtext-Webseite Genius.com ist mit einer Millionenklage gegen den kanadischen Mitbewerber LyricFind sowie Google gescheitert. Das US-Bundesbezirksgericht für das Östliche New York hat die Klage zurückgewiesen, weil sie gar keinen (bundes)rechtlich relevanten Anspruch geltend macht. Datensammlungen genießen in den USA keinen starken Rechtsschutz. Damit kommt es gar nicht erst zu einem vollen Gerichtsverfahren mit Beweisaufnahme. Genius kann Rechtsmittel einlegen.

Genius.com ist eine Webseite, die insbesondere Liedtexte bereitstellt. Dafür hat Genius Lizenzen erworben, die in der Regel aber nicht die Bereitstellung der Liedtexte bedingen. Genius respektive dessen Nutzer haben die Texte daher in aufwändiger Arbeit selbst niedergeschrieben. Doch eines Tages zeigte Google diese Liedtexte samt versteckten Genius-Markierungen direkt auf der Google-Webseite an. Gleichzeitig brachen die Zugriffszahlen auf genius.com auf einen Bruchteil ein.

Genius verbat sich die Übernahme der Liedtexte, doch Google entfernte nur das bekannte Wasserzeichen. Die von Genius erstellten Liedtexte tauchten weiterhin auf google.com auf, wie Genius anhand einer weiteren, damals geheimen Markierung nachweisen konnte. Google gibt an, die Liedtexte vom ebenfalls lizenzierten kanadischen Anbieter LyricFind übernommen zu haben. Ohne Schuld einzugestehen began Google damit, seine Quellen für Songtexte anzugeben.

Google-Suchergebnis mit Liedtext und Quelleangabe LyricFind

(Bild: Screenshot)

Voriges Jahr klagte Genius sowohl gegen Google als auch LyricFind wegen der stibitzten Liedtexte vor einem Gericht des Staates New York auf mindestens 50 Millionen US-Dollar. Die Vorwürfe Unlauterer Wettbewerb, Ungerechtfertigte Bereicherung und Verletzung der Nutzungsbedingungen gründen auf Gesetzen New Yorks sowie Kaliforniens, wo Google seine Firmenzentrale hat.

Unter Verweis auf das Bundesgesetz Copyright Act ließ Google den Fall aber zum Bundesbezirksgericht für das Östliche New York verlegen. Dagegen hat sich Genius erfolglos gewehrt. Nicht nur wurde der Antrag des Klägers auf Rückverlagerung zum Gericht des Staates New York am Montag abgewiesen, das Bundesgericht hat auch gleich die Klage an sich zurückgewiesen. Denn sie enthält überhaupt keine bundesrechtlichen Vorwürfe.

Und das kommt so: Die Urheberrechte an den Liedtexten liegen nicht bei Genius, sondern bei Textschreibern oder Musikverlagen. Daher kann Genius keine Urheberrechtsverletzung einklagen. Ein sui-generis Datenbankrecht wie in Europa, das Investitionen in simple aber aufwändige Datensammlungen schützt, gibt es in den USA nicht.

Entsprechend klagte Genius auch nicht nach dem Copyright Act des Bundes, sondern nach Staatsgesetzen wegen Unlauteren Wettbewerbs, Ungerechtfertigter Bereicherung und Verletzung von Nutzungsbedingungen. Das aber verbietet der Copyright Act, meint das Bundesbezirksgericht. Tatsächlich enthält der 1976 verabschiedete Copyright Act Bestimmungen, die es untersagen, sich in neuen Copyright-Verfahren auf Gesetze der US-Staaten zu berufen (17 U.S. Code § 301). Dadurch soll sichergestellt sein, dass der Copyright Act das Urheberrecht bundesweit einheitlich regelt und die einzelnen Staaten keine zusätzlichen Schutzbestimmungen erlassen.

Nach Ansicht der Richterin greift das Verbot im vorliegenden Fall, weil Streitgegenstand die vom Copyright Act geschützten Liedtexte sind. Damit handle es sich im Kern um einen Copyright-Fall, auch wenn Genius gar keine Verletzung von Copyright unterstellt. Genius argumentierte, die Klage enthalte zusätzliche Elemente, die über Copyright hinausgehen, weshalb eine Berufung auf Staatengesetze zulässig wäre. Das lässt das Gericht unter Verweis auf frühere Entscheidungen aber nicht gelten. Die Berufung auf Staatenrecht wird nicht zugelassen. Ein Vorbringen ohne rechtlich zulässige Vorwürfe ist zurückzuweisen.

(ds)