Bit-Rauschen: Prozessor-Füllhorn Hot-Chips-Symposium

Nach den Sommerferien ­überschütten die Hersteller uns mit Chips, zumindest mit Ankün­digungen. Tiger Lake und RTX 3090 kommen aber wohl wirklich schon bald.

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Bit-Rauschen: Prozessor-Füllhorn Hot-Chips-Symposium
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Seit 1989 findet jeden August im Silicon Valley das „Hot Chips“-Symposium statt, diesmal als Online-Veranstaltung. AMD, IBM, Intel, Nvidia, ARM, Marvell, Google, Microsoft und andere Firmen stellten in diesem Jahr ihre heißesten Produkte vor, siehe Seite 42. Intel hatte in der Woche zuvor einen „Architecture Day“ veranstaltet, bei dem die CPU- und GPU-Eigenschaften der im September erwarteten elften Core-i-Generation Tiger Lake im Vordergrund standen.

Zwar fertigt Intel die Tiger Lakes ebenso wie ihre „Ice Lake“-Vorgänger mit 10-Nanometer-Strukturen, aber mit erheblichen Optimierungen wie einem „SuperFin“-Transistor. Intels Mikroarchitektur-Chef Raja Koduri versprach für Tiger Lake „stärkere Verbesserungen, als sie eine Strukturverkleinerung typischerweise bringt“ – da sind wir gespannt auf Benchmarks. Vermutlich werden die Tiger Lakes der U-Klasse (15 bis 28 Watt Thermal Design Power/TDP) weiterhin vier CPU-Kerne haben, während AMD in den Ryzen 7 4800U schon acht packt. Für Intel sind aber vor allem Business-Notebooks wichtig, für die vier Kerne durchaus noch genügen.

Der 2017 von AMD zu Intel gewechselte GPU-Experte Raja Koduri im Gespräch mit c’t: „Die ARM-Diskussion ist mehr als zehn Jahre alt.“

Raja Koduri bestätigte zudem, dass Intel 2021 mit einer „HPG“-Version der kommenden Xe-GPU gegen Gaming-Grafikkarten von AMD und Nvidia antreten will. Die Xe HPG lässt Intel auswärts fertigen, vermutlich bei TSMC und mit 7-Nanometer-Strukturen, und verspricht auch Raytracing-Beschleuniger. Außerdem will man den Grafiktreiber komplett überarbeiten.

2021 soll laut Koduri auch ein besonders spannender Intel-Hauptprozessor kommen: Alder Lake mit einer Mischung aus starken „Golden Cove“-Kernen der Core-i-Klasse und kompakteren „Gracemont“-Kernen der Atom-Klasse. Bleibt zu hoffen, dass es Intel auch schafft, die Planung umzusetzen, damit der ewige Zweikampf zwischen AMD und Intel 2021 wieder spannender wird.

AMD walzt seine Produktpalette unterdessen unaufhörlich weiter aus; der neue Chipsatz A520 bringt nun moderne AM4-Mainboards zu noch günstigeren Preisen. Schade, dass die aktuellen Ryzen-4000G-„Renoir“-Kombiprozessoren für Desktop-PCs im Einzelhandel weiterhin so dünn gesät sind. Dabei sind sogar schon erste Hinweise auf die Zen-3-APU Cezanne alias Ryzen 5000U aufgetaucht, über die AMD vielleicht auf der CES 2021 im kommenden Januar mehr verraten könnte. Und RAM-Hersteller Micron plauderte versehentlich aus, dass Nvidias GeForce RTX 3090, die am 1. September – wohl mit Ampere-GPU – erwartet wird, 12 GByte GDDR6X-RAM bekommt.

Wie an dieser Stelle schon berichtet, will der japanische SoftBank-Konzern angeblich seine Anteile am britischen Prozessor- und Grafikprozessorentwickler ARM verkaufen. Es verdichten sich die Hinweise auf Nvidia als potenziellen Käufer. Das könnte allerdings manche heutigen ARM-Kunden verprellen, weil Nvidia auch selbst Chips mit ARM-Kernen entwickelt und dadurch als Hardware-Konkurrent gegen ARM-Lizenznehmer antritt. Außerdem will Nvidia die eigene Position bei Prozessoren für Server, Rechenzentren und Supercomputer stärken und hat dazu vor einigen Jahren bereits den Infiniband-Spezialisten Mellanox übernommen. Wenn Nvidia als ARM-Eigner selbst einen Serverprozessor mit ARM-Technik entwickeln würde, dürfte das bisherige ARM-Kunden wie Marvell (ThunderX), Ampere (Emag/Altra) und Nuvia (Phoenix) stören. Und wie sich das China-Geschäft von ARM angesichts der US-Sanktionen entwickeln wird, ist ungewiss. ARM muss also auf vielen Baustellen arbeiten.

Der ehemals für Apple tätige Chipentwickler John Bruno von der erwähnten Firma Nuvia hat erste Hinweise auf den Phoenix-Serverprozessor im Blog veröffentlicht. Demnach soll ein einzelner Phoenix-Kern unter Last zwischen 2 und 4 Watt umsetzen und dabei rund 75 Prozent mehr Rechenleistung liefern als einer der „Vortex“-ARM-Kerne des Apple A13 Bionic aus dem iPhone 11. Dieser Vortex wiederum übertrifft nach Brunos Einschätzung einen Intel Core i-10000 oder AMD Ryzen 4000U um den Faktor 2. Allerdings lässt Bruno offen, wann und mit wie vielen ARM-Kernen der Phoenix abheben wird – 2021 werden mit AMD Milan (Zen-3), Intel Sapphire Rapids und Marvell ThunderX3 ja auch einige deutlich verbesserte Konkurrenten ins Rennen gehen.

Im Gespräch mit c’t gab sich Intels Raja Koduri, der vor seiner AMD-Zeit auch schon für Apple arbeitete, betont gelassen in Bezug auf die wachsende ARM-Konkurrenz: Darüber werde nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt diskutiert.

Dieser Artikel stammt aus c't 19/2020.

(ciw)